Bauer, Hermann by Fernwehträume

Bauer, Hermann by Fernwehträume

Autor:Fernwehträume
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


10

Als Korber sich entschloss herauszufinden, ob Gabi, wie Prokesch behauptete, tatsächlich ein intensiveres Verhältnis mit einem Kerl mit Motorrad hatte und ihre Annäherungen an ihn deshalb nur ein Spiel gewesen waren, hatte es die Sonne gerade wieder geschafft, durch die Nebeldecke zu stechen. Es war Donnerstagnachmittag. Er blickte missmutig zum Fenster des Lehrerzimmers hinaus. Den ganzen Tag über trug er schon so etwas wie ein Gefühl der Eifersucht in sich. Dabei musste er sich von den Gedanken an dieses Mädchen zu lösen suchen, das offenbar nichts dabei fand, erwachsenen Lehrern den Kopf zu verdrehen, und froh sein, dass die Sache vorderhand so glimpflich ausgegangen war.

Aber er konnte es nicht.

Mehrmals hatte er sich seit dem gestrigen Tag gefragt, welchen Sinn so viele Dinge in seinem Leben eigentlich hatten. Er unterrichtete. Gut. Aber füllte ihn das aus? Er fand, dass ihn diese Tätigkeit jetzt manchmal langweilte, dass er sich überwinden musste, Stunden vorzubereiten oder Hefte zu verbessern. Er musste zugeben, dass diese Langeweile auch sonst sein Leben immer mehr bestimmte. Warum ging er jetzt öfter ins Kaffeehaus? Oder zum Heurigen?

Warum trank er mehr als früher?

Warum fand er nichts dabei, sich an ein Mädchen, das um so vieles jünger und noch dazu seine Schülerin war, zu klammern?

Korber wusste, dass er in einer Krise, einer Art vorverlegter Midlife-Crisis, steckte. Er fand jedoch keinen Ansatz zu einer Lösung. Er war viel zu sehr von Selbstmitleid erfüllt. Fast schien es, als fühle er sich wohl in seinem Schneckenhaus.

Und er tat wiederum das Falsche.

Wie in Trance packte er seine Sachen in den Aktenkoffer und verließ das Schulhaus. Es war jetzt kurz nach 2 Uhr am Nachmittag. Wenn er sich beeilte, konnte er um halb drei bei dem fraglichen Parkplatz sein.

Dieser Parkplatz war ein Insidertreff.* Er gehörte eigentlich zu einer kleinen Gartenanlage, und wer die schmale, versteckte Zufahrt nicht kannte, dem blieb er unerschlossen. Er lag auch ein wenig abseits der Badewiesen an der Alten Donau und blieb so von den Autos der Badegäste im Sommer großteils verschont. Irgendwann hatten ihn dann Schüler und Jugendliche für sich entdeckt. Der Parkplatz war wunderbar von der Außenwelt abgeschottet und wurde außerdem nach einer Seite hin von einer idyllischen Baumgruppe, einer Art kleinem Wäldchen, begrenzt. Hier konnte man, wenn man Glück hatte, ungestört laue Sommerabende genießen und ein wenig seinen romantischen Neigungen nachgehen.

Jetzt, im Spätherbst, sah die Sache natürlich weit weniger idyllisch aus. Die Bäume hatten schon fast ihr gesamtes Laub verloren. Der ganze Platz wirkte kalt und frostig. Die Gärten lagen größtenteils verwaist da, dem nahenden Winter überlassen, und ein Auto war jetzt, unter der Woche, weit und breit keines zu sehen.

Einsam und allein stand nur, unweit der Baumgruppe, ein protziges, schwarzes Motorrad.

›Das ist er‹, dachte Korber, der sich vorsichtig näherte und verzweifelt einen Platz suchte, von dem aus er die Szene überschauen konnte. Die Bäume waren bereits zu leer und boten keinen geeigneten Schutz. Ein kleiner Vorsprung und ein Zaun deuteten den Beginn eines schmalen Pfads an, der an der Hinterseite der Gärten vorbei führte und von der Baumgruppe aus nicht eingesehen werden konnte.



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