Ausziehen! by Lois Greimann

Ausziehen! by Lois Greimann

Autor:Lois Greimann
Die sprache: deu
Format: epub


Bis zum nächsten Morgen waren meine Nerven zum Zerreißen gespannt.

Der Schorf auf meinem Knie riss auf, als ich mir meine Laufschuhe zuschnüren wollte, und bei den zweisekündigen Dehnübungen ächzten meine Sehnen wie die einer alten Frau. Ich trat auf meine Veranda und schloss die Haustür ab.

»Wo ist Ihr Pfefferspray?«

Ich schrie erschrocken auf und wirbelte herum. Meine Schlüssel hielt ich wie eine halb automatische Handfeuerwaffe schützend vor mich.

Rivera starrte mich an.

»Verdammt! Können Sie mich nicht einfach nur in Ruhe lassen?«

»Ich wollte Sie nicht erschrecken«, sagte er, aber sein Ausdruck verriet, dass ihn das des Nachts nicht gerade um den Schlaf bringen würde.

Ich zielte weiterhin mit meinen Schlüsseln auf ihn. »Was zum Teufel wollen Sie hier?«

»Sagen Sie einem Freund Bescheid, wenn Sie das Haus verlassen?«

Ich versuchte, meine Sinne wieder zur Arbeit zu verdonnern, aber Rivera machte es mir nicht gerade leicht. »Wovon reden Sie da, verdammt noch mal?«

»Sie sollten schon jemandem Bescheid sagen, wann Sie gehen und wann Sie beabsichtigen, wiederzukommen.«

Ich hob resignierend meine Hände. »Haben Sie keine Arbeit, der Sie nachgehen müssen?«

»Das tue ich doch. Ich beschütze die rechtschaffenen Bürger von L.A., erinnern Sie sich?«

»Ach, und? Sind Sie zu der Erkenntnis gelangt, dass ich unschuldig bin?«

Ich wollte weggehen, weg von ihm, hatte aber Angst, dass meine Beine noch nicht fit genug waren für eine solche Herkulesarbeit.

»Bis die Schuld bewiesen ist«, gab er zurück, worauf ich höhnisch grinste, als ich mich an seine vorherigen Worte und seine generelle Einstellung erinnerte. »Wie weit laufen Sie?«

Ich hätte gerne gelogen, aber ich fühlte mich der Anstrengung leider nicht gewachsen. »Sechs, sieben Kilometer.« Huh! So viel Energie brauchte man doch nicht zum Lügen!

»Ändern Sie auch schon mal Ihre Strecke?«

»Bitte?«

»Sie laufen nicht jeden Tag die gleiche Strecke, oder?« »Natürlich nicht!« Noch eine Lüge.

Er warf mir einen Blick zu. »Was, wenn jemand Ihr Haus beobachtet und genau über Sie Bescheid weiß?«

Ich spürte, wie sich die Zehen in meinen Laufschuhen verkrampften. »Warum sollte jemand das tun?«, fragte ich und beobachtete hektisch das Gebüsch.

»Warum sollte Sie jemand auf dem Parkplatz eines so feinen Etablissements wie dem Hole überfallen?«

Ich zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. »Gibt es einen Grund dafür, dass Sie hier sind?«

»Ich habe noch ein paar Fragen.«

Ich wartete. Offenbar arbeitete mein Hirn immer noch nicht mit voller Leistungskraft.

»Warum sollte Sie jemand überfallen?«, wiederholte Rivera.

Oh. »Ist es denn nicht Ihre Aufgabe, das herauszufinden?«

Er starrte mich an. »Hat er irgendetwas über Bomstad gesagt?«

»Mein Angreifer?«

»Ja.« Heute war er sehr geduldig. Ich hasste das noch mehr als die großspurige, eingebildete Tour.

»Das habe ich Ihnen doch alles schon erzählt!«

»Ich dachte, Sie hätten vielleicht noch irgendetwas vergessen.«

»Sie können mir glauben, dass ich das alles noch recht lebhaft in Erinnerung habe«, sagte ich und trat von der Veranda herunter, um locker und lässig zu wirken. Meine Knie wackelten wie die eines Kleinkindes.

Er drehte sich um, folgte mir und holte mich mit ein paar großen Schritten wieder ein. »Glauben Sie, dass er es nur darauf abgesehen hatte, Sie zu vergewaltigen?«

Nur zu vergewaltigen? Ich stolperte. Er bekam mich am Arm zu fassen und fing mich auf. Seine Augen waren wie Laser.



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