Ausgeliebt by dtv

Ausgeliebt by dtv

Autor:dtv
Format: epub
Herausgeber: dtv


Die Wohnung war wie für Luise gemacht. Drei große Zimmer, viel Licht und komplett renoviert.

Die Maklerin, die sich als Jeanette vorgestellt hatte, bekam ihre Begeisterung über die Wasserhähne, die Fußböden, die Anordnung der Steckdosen und die isolierten Fenster kaum in den Griff und wurde immer schriller.

Luise hatte mit ihren langen Schritten die Zimmer durchquert, sah Jeanette lange an und unterbrach sie mit sanfter, aber bestimmter Stimme.

»Es ist gut. Danke. Ich nehme sie.«

Jeanette schloss ihren Mund.

»Oh, ja gut, ja schön, soll ich Ihnen nicht noch die Küchengeräte erklären, die sind so wunderbar …«

»Nein.« Unsere Antwort kam im Chor.

Beleidigt versprach sie Luise, dass sie den Mietvertrag in den nächsten Tagen zuschicken würde, und klärte die Termine ab. Die Wohnung wäre ab der nächsten Woche fertig, dann könne sie einziehen.

Sie ließ uns vorgehen und schloss die Haustür umständlich ab.

Als wir durch den Hausflur gingen, machte sie uns auf die blaugrünen Fliesen und das Holzgeländer aufmerksam. Ich sah auf die fremden Türschilder, Luise sah Jeanette höflich an.

Unten angekommen, war ihre Stimme wieder genauso schrill wie in der Wohnung.

Sie warf ihre kleine rosa Jacke auf die Rückbank eines roten BMW-Cabrios, stieg ein, winkte uns fröhlich zu und rauschte ab.

Luise sah mich an, ich sah zurück, dann fingen wir an zu lachen. Minutenlang. Über Jeanette, über die tollen Wasserhähne, über BMW-Cabrios, über schrille Stimmen und weil Luise eine tolle Wohnung hatte.

Wir wischten uns beide Lachtränen weg.

»So, und jetzt gehen wir Sekt trinken. Auf meine neue Wohnung.«

Ich suchte in meiner Tasche nach dem zerknitterten Kontoauszug.

»Luise, ich lade dich ein. Guck mal auf die unterste Zeile.«

Sie glättete den Auszug, sah hin, hob die Augenbrauen.

»Was ist …? Ach, Bernd? Christine, du hast Kohle. Morgen gehen wir einkaufen. Ich brauche sowieso noch ein paar Sachen, lass uns ins Stilwerk fahren. Wir machen uns einen tollen Tag.«

Sie reichte mir den Auszug zurück, stieß mich in die Seite und lächelte.

»Wir haben es geschafft, ich zumindest fast. Das werden klasse Zeiten, die jetzt kommen. Ich spüre es.«

Ich fand ihre Augen traurig. Und ich hoffte, dass sie das nicht auch über mich dachte.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.