Aufgetaut (German Edition) by Safier David

Aufgetaut (German Edition) by Safier David

Autor:Safier, David [Safier, David]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2020-03-09T16:00:00+00:00


11

F elix kaufte im Hotelshop ein schwarzes Versace-Kleid in Superduper-Größe und überzog damit seine vierte und letzte Kreditkarte. Die Verkäuferin wollte ihm noch dazu passende High Heels andrehen, aber er lehnte ab. Nicht nur aus Geldmangel, sondern auch weil Urga sich mit denen gewiss schon nach wenigen Schritten einen Bänderriss im Fußgelenk zugezogen hätte.

Als Felix wieder in Urgas Hotelzimmer zurückkehrte, staunte er nicht schlecht: Aus irgendwelchen Gründen hatte Lovskar den Mammut-Rüssel um den Hals gewickelt und blickte Urga tief in die Augen. Mit einer Wärme, die er dem Kapitän nicht zugetraut hatte. Aber auch Urga, die eben noch so tieftraurig gewesen war, schien hin und weg von Lovskar zu sein.

«Was machen Sie da?», wollte Felix wissen.

«Nun …», Lovskar wirkte ertappt, «fragen Sie das Mammut.»

«Ich glaube kaum, dass es mir antwortet», erwiderte Felix, während der Kapitän seinen Hals mit beiden Händen von dem Rüssel befreite. Für einen Moment überlegte Felix, ob er dieses ungleiche Paar nicht doch verkuppeln sollte, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Warum auch immer die beiden sich so angesehen hatten, niemals könnte ein Mensch von heute mit einem aus der Steinzeit ein Paar werden.

Felix reichte Urga das Kleid. Dann fiel ihm auf, dass sie von alleine nie den Reißverschluss am Rücken schließen könnte, also rief er Maya per Handy in das Zimmer – er mochte gar nicht über die Kosten von Telefon und Datenroaming in diesem Nicht-EU -Land nachdenken – und bat die Kleine, der Steinzeitfrau beim Anziehen zu helfen.

Als Urga etwas später in dem neuen schwarzen Kleid auf den SUV zuging, sah sie für Felix – nein, nicht wunderschön, aber immerhin wie die Ehefrau eines sehr reichen Mannes aus, der sie geheiratet hatte, bevor er zu Geld kam, und sie immer noch so sehr liebte, dass er sie nicht gegen ein junges Topmodel eingetauscht hatte.

Als alle eingestiegen waren, ließ Bruce, der immer noch in Uniform war und dazu nun eine Ray-Ban-Sonnenbrille trug, den Wagen an, brauste los und stellte das Radio laut. Ein düsterer Song von R.E.M . ertönte, Klänge voller Selbstmitleid, die Urgas traurige Stimmung zu verstärken schienen. Daher fragte Felix den Special-Forces-Soldaten: «Können Sie etwas anderes spielen?»

«Was denn?» Bruce machte die Musik wieder aus.

«Keine Ahnung, vielleicht was mit Trommeln?» Felix ging davon aus, dass der Stamm von Urga gewiss getrommelt hatte. Sicher war er sich aber nicht.

«Wäre es nicht besser», mischte Maya sich ein, «wenn wir ihr irgendetwas Fröhliches vorspielen würden?»

«Vielleicht Ice, Ice, Baby », gab Bruce in einem trockenen Tonfall zurück, bei dem Felix nicht ganz klar war, ob der Typ es ernst meinte oder nicht. «Oder Like Ice in the Sunshine oder Sexy Eis … »

Okay, er meinte es nicht ernst. Bruce besaß offenbar einen eigenwilligen Sinn für Humor. Höchstwahrscheinlich bekam man den, wenn man die meiste Zeit seines Berufslebens damit beschäftigt war, durch das afghanische Hochland zu robben und dabei den Gedanken zu verdrängen, ob das, was man da so tat, überhaupt in irgendeinem sinnvollen Kontext stand.

«Ich hätte ein Lied, das gute Laune macht», sagte Lovskar, während Bruce den SUV auf die schotterige Ausfallstraße raus aus Thimphu fuhr.



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