Auf der falschen Spur: Maria Kallio ermittelt (German Edition) by Leena Lehtolainen

Autor:Leena Lehtolainen [Lehtolainen, Leena]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-09-26T04:00:00+00:00

Dreizehn

Ich bat Koivu, bei nächster Gelegenheit anzuhalten, damit ich den Obduktionsbericht auf meinem Laptop nachlesen konnte. Das Labor hatte auf meine Bitte zuerst den Mageninhalt analysiert, weil ich davon ausgegangen war, dass Vainikainen das Nikotin mit dem Brötchen zu sich genommen hatte. Konnte es sein, dass ihm das Gift injiziert worden war? Der Obduktionsbericht listete alle Male auf, die an Vainikainens Körper festgestellt worden waren, doch von Einstichstellen war nicht die Rede. Sie wären der Pathologin selbstverständlich aufgefallen. Vainikainens Mundschleimhaut war stark verätzt, was wir auf das Nikotin zurückgeführt hatten. Den Augenzeugen nach hatte Vainikainen das Brötchen mit zwei Bissen heruntergeschlungen.

«Die Drogentests sind noch nicht abgeschlossen, und der Nikotingehalt in Vainikainens Blut und den anderen inneren Organen ist auch noch nicht bekannt. Vielleicht liegt ja auch nur ein Messfehler vor. Die vorläufigen Laborwerte sind nicht immer ganz exakt», versuchte ich mich zu trösten.

«Oder der Mörder meinte, bei der zierlichen Jutta Särkikoski genügt eine kleinere Dosis Nikotin.»

«Aber nicht die zierliche Jutta Särkikoski hat das Brötchen gegessen, sondern der massige Pentti Vainikainen! Argh!! Vainikainen hat nicht mal geraucht, damit lässt sich die Nikotindosis also auch nicht erklären. Und laut Aussage seiner Frau hatte er keine Nikotinallergie.»

«Liebe Ermittlungsleiterin, fass dich in Geduld und warte die genaueren Ergebnisse ab», mahnte Koivu. «Können wir weiterfahren? Dahinten kommt ein Bus, und der Fahrer ist bestimmt nicht begeistert, wenn wir seine Haltestelle blockieren.»

Auf dem Meer kreuzten noch Segelboote, das sonnige Wetter und der frische Wind lockten die Menschen auch in dieser Jahreszeit noch aufs Wasser. Wir wollten unser Boot, die Marketta, demnächst schon für den Winter aufbocken, doch wahrscheinlich würde Antti das ohne mich erledigen müssen. Und jetzt, in diesem Moment, hätte ich eigentlich nicht neben meinem Kollegen im Dienstwagen, sondern in Laaksolahti in der Eishalle sitzen und Iida beim Training zusehen müssen. Der Gedanke an die eiskalte Halle war allerdings nicht unbedingt verlockend; im Auto war es wenigstens warm.

Vor der Klinik blieb ich einen Moment stehen und atmete die frische Herbstluft ein, während Koivu erneut versuchte, Toni Väärä zu erreichen. Hatte der junge Mann womöglich in Helsinki eine Freundin, von der Koskelo nichts wusste? Über die Smithianer hatte ich im Internet kaum etwas gefunden. Diese Religionsgemeinschaft hatte in Finnland etwa dreihundert Anhänger, unter anderem in Kirkkonummi und Inkoo im Süden sowie in Ostbottnien im Nordwesten des Landes. Die Smithianer durften nur innerhalb ihrer Gemeinschaft heiraten, doch die Auswahl war nicht groß. Daher suchten sich viele ihren Ehepartner im Norden Norwegens, wo ebenfalls Glaubensbrüder und -schwestern lebten. Es gab bei den Smithianern keine Pfarrer; jeder durfte bei ihren Versammlungen das Wort ergreifen, sogar kleine Kinder. Die Vorstellung war an sich faszinierend, denn sie entsprach dem Prinzip der Gleichberechtigung. Andererseits hieß es in den Dogmen der Glaubensgemeinschaft, die Frau sei dem Manne untertan.

Die Stationsschwester berichtete, dass Jutta am Morgen ihre Eltern angerufen habe. Das sei doch sicher erlaubt? Ob Jutta am Telefon gesagt hatte, wo sie sich befand, wusste die Schwester nicht. An der Tür zum Krankenzimmer saß ein neuer Wächter; auch er prüfte unsere Ausweise sorgfältig, bevor er uns passieren ließ.

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