Am Sonntag stirbt Alison by Arena

Am Sonntag stirbt Alison by Arena

Autor:Arena
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Arena
veröffentlicht: 2012-12-24T16:00:00+00:00


Sonntag

An die nächsten Stunden hatte Lys später nur noch bruchstückhafte Erinnerungen.

Sie erinnerte sich an eine gepolsterte Bank, auf der sie lag, umlagert von lauter besorgt dreinblickenden älteren Herren in Lederhosen, von denen einer vorschlug, »dem Madel« ein Glas Wasser zu bringen, woraufhin ein anderer meinte, das sei nichts »wegen der Narkose«, und ihr stattdessen einen Packen frische Servietten auf die Schulter drückte.

Dann waren da etliche Polizisten und ein Sanitäter, der ihr eine Nadel in den Arm stach und ihr einen Verband anlegte. Alle stellten Fragen, endlose Fragen, was eigentlich geschehen sei und wer auf sie geschossen habe. »Alison«, hatte Lys mit seltsam tauben Lippen immer wieder gemurmelt. »Sie ist… da oben im Wald, in einer Hütte.«

»Alison? Wer ist Alison?«, hatten die verwirrten Polizisten gefragt.

Dann war sie langsam wieder klarer geworden und hatte etwas geordneter berichten können. Von Alison. Die Stammtischrunde war danach drauf und dran gewesen, zu der Hütte zu stürmen und sich den Kerl vorzuknöpfen, der es wagte, in ihrem Wald eine entführte Frau zu verstecken. »Nix da«, hatte ein Polizist gebrüllt, »ihr bleibt’s hier, wir machen das!«

Danach hatte ein Krankenwagen sie schwankend durch die Nacht gefahren. Die Lichter einer großen Stadt waren als breite Lichtstreifen durch den Wagen gezogen und hatten wieder und wieder die Gesichter der beiden Sanitäter erhellt, die sich über das Bundesligaspiel Bayern München gegen Nürnberg unterhielten. Wie geht’s Sebastian, hatte sie fragen wollen, aber ihre Lippen ließen sich nicht mehr bewegen.

In einem grell erleuchteten Raum hatte ein junger Arzt aufgeregt mit einem rot-weißen Zettel vor ihrer Nase herumgewedelt und etwas von Operationsrisiken erzählt. Währenddessen hatte ein älterer Arzt mit einem unbeeindruckten Gesichtsausdruck die Szene beobachtet und war dann mit den Worten »Keine Sorge, Kleine, das machen wir schon« zu einer Krankenschwester hinübergeschlendert, mit der er sich dann ebenfalls über das Bundesligaspiel Bayern München gegen Nürnberg unterhielt. »Haben Sie noch Fragen?«, wollte der junge Arzt wissen. Lys hätte viele Fragen gehabt, aber sie hatte irgendwie vergessen, wie das ging. Sprechen. Und so krakelte sie nur ihre Unterschrift auf den Zettel.

Und dann endeten die Erinnerungen.

Sie setzten erst wieder ein, als Lys in einem beige getünchten Zimmer erwachte. Sie lag in einem weiß bezogenen Bett mit viel zu dicken Kissen und eine Frauenstimme neben ihr sagte gerade: »Und vergiss nicht, ihm nach dem Gassigehen sein Leckerli zu geben, ich will doch, dass mein Fifi sich wohlfühlt!«

Fifi?, dachte Lys verdattert und hob den Kopf.

»Lys!« Der Schrei ließ ihre Ohren dröhnen. »Oh, Lys, ich bin ja so froh, dass es dir wieder gut geht!« Sibel stand neben dem Bett und machte einen regelrechten Luftsprung.

»Wer sagt, dass es mir gut geht?«, murmelte Lys. Ihr war furchtbar schwindelig und in ihrer linken Schulter pochte ein ekelhafter Schmerz.

»Äh… die Ärzte«, meinte Sibel nach kurzem Nachdenken. »Sie sagen, warte, dass ich es auch richtig zusammenbekomme… sie sagen, dass sie dir eine Kugel aus der linken Schulter herausoperiert haben, dass du ein Wahnsinnsglück gehabt hast, dass das Ding nicht deine Lunge getroffen hat, und dass du mindestens einen halben Liter Blut verloren hast.«

»Na, das sind ja tolle Neuigkeiten«, stöhnte Lys.



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