Alias XX by Ross Joel

Alias XX by Ross Joel

Autor:Ross, Joel [Joel, Ross]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Droemer
veröffentlicht: 2005-10-07T00:00:00+00:00


Er war im Foyer. Der Türsteher kam auf ihn zu, Tom schob ihn zur Seite. Er löste die Kette vor der Treppe und stieg zum zweiten Stock hinauf. Das letzte Zimmer rechts. Er drehte den Schlüssel um, den er beim letzten Mal eingesteckt hatte.

Der Raum war leer. Keine Kleidungsstücke, keine Hüte, keine Krawatten. Kein Lippenstift, keine Streichhölzer, kein Wechselgeld, keine Stifte. Keine Bücher. Er hatte versagt. Eine Sackgasse. Eine weitere Chance, Sondegger zu treffen, würde er nicht mehr bekommen. Er würde Earl nicht finden. Mit hängenden Schultern, Leere im Gehirn, stand er da. Nach einer langen, dunklen Weile hörte er etwas hinter sich.

Audrey stand in der Tür. Sie trug ein halbformelles Kleid, das sie jung und süß aussehen ließ und so taubengrau war wie Harriets Augen. Sie schüttelte den Kopf. Sie war schon seit einiger Zeit hinter ihm und hatte ihn beobachtet, während er verloren mitten im Raum stand.

»Ja«, sagte er und versuchte zu lächeln. »Ich tanze auch Jitterbug.«

Sie lachte, nahm ihn an der Hand und begleitete ihn nach unten. Ein paar Aufschneider mit strahlenden Mädchen am Arm platzten lärmend von der Straße herein. Tom und Audrey warteten am Fußende der Treppe, bis sich die Menge in Zigarettenrauch und teures Parfüm aufgelöst hatte. Audrey fragte den Türsteher, was mit Earls Büchern geschehen sei.

»Wurden wegen Zahlungsrückstands verkauft. Du kennst doch die Regeln.«

»An wen verkauft?«

»Einen Hausierer – kenn noch nicht mal seinen Namen –, ein heruntergekommener Alter mit heruntergekommener Karre. Schaut manchmal vorbei, wenn er bei Kasse ist oder ihm sonst gerade der Sinn danach steht. Treibt sich hier öfters rum.«

»Großartig«, sagte Tom. Ein heruntergekommener Alter im verdunkelten London.

»Ist nicht so wichtig, Tommy.«

Wusste Audrey, warum er die Bücher wollte? Interessierte sie das? Hielt sie ihn für verrückt?

»Wir werden sie finden«, sagte sie.

Statt darauf zu antworten, schweifte Toms Blick zu Inch, der, elegant auf seine Krücke gestützt, in diesem Moment von unten ins Foyer trat.

»Tommy Wall und Venus Lovingsly«, sagte Inch, »Arm in Arm. Wie geht’s denn so, mein Cherub? Übrigens, Tom, Ihr Mund sieht ja ganz fürchterlich aus.«

»Ich hab ihm aus Versehen mit einem Kricketschläger eine gedonnert«, sagte Audrey, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Inch auf die Wange. »Sieben Mal insgesamt.«

»Sie haben Earls Bücher verkauft«, sagte Tom. »An einen Hausierer.«

»Wie? Was? Seine Tücher?«

»Seine Bücher, Inch. An einen Hausierer.« Audrey sprach mit betont lauter Stimme. »Earls Bücher, aus seinem Zimmer. Sie haben sie verkauft, weil er die Dezembermiete nicht gezahlt hat.«

»Haben die Bücher an einen Kassierer verkauft, was? Aber nicht alle, nein, nein.« Inch klopfte mit den Fingern gegen die Krücke. »Earl hat letzten Monat Teile seiner alten Bibliothek weggeschafft. Nach Hause. Den mottenzerfressenen Wälzer und das Inkunabulum mit den Eselsohren, das …«

»Einen Moment, stopp«, sagte Tom. »Er hat Bücher mit nach Hause genommen?«

»Wenigstens eins. Kann mich ganz deutlich daran erinnern.«

»Genauso, wie Sie sich an ›Hyde Street Misfits‹ erinnern können.«

»Mein Gedächtnis ist so scharf wie ein Adlerschnabel.«

»Den gibt es nicht«, sagte Tom.

»Quatsch! Glauben Sie vielleicht, die fressen mit den Krallen?«

»›Hyde Street Misfits‹ – den Laden gibt es nicht. Und die Straße auch nicht.



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