Abenteuer auf dem Pferdehof by Pestum Jo

Abenteuer auf dem Pferdehof by Pestum Jo

Autor:Pestum, Jo [Pestum, Jo]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Ein rabenschwarzer Tag

Lena liebte diese Minuten am Morgen, wenn die klaren Gedanken allmählich die wirren Traumbilder vertrieben und wenn aus der Schlaftrunkenheit die Lust auf den Tag erwachte. Sie genoss dann die Behaglichkeit ihres Zimmer hoch unter dem Dach, freute sich aber gleichzeitig darauf, die Arme um Rajas Hals zu schlingen und die zärtlichen Lippen der alten Stute an ihrem Gesicht zu spüren.

Doch an diesem Morgen war alles ganz anders. Lena schreckte aus unruhigem Halbschlaf auf, als der Lärm im Haus begann. Jemand quälte den Flügel unten in der Wohnhalle auf brutale Weise. Pitt natürlich! Er hatte nach der Schule Klavierunterricht, und da fiel es ihm ausgerechnet am frühen Morgen ein, endlich mal ein bisschen zu üben. Aber wie üblich hatte er Schwierigkeiten, zur richtigen Zeit die richtige Taste zu treffen. Die Wuschelhündin Ronja schien von Pitts Frühkonzert auch nicht begeistert zu sein, sie protestierte mit steinerweichendem Gejaule. Aus dem Badezimmer drang das Sirren von Gregors Rasierapparat, und dann setzte auch noch der schreckliche Sirenenton des Eierkochers ein.

Lena hatte schlecht geschlafen. An einen Albtraum erinnerte sie sich zwar nicht, doch irgendetwas musste ihr große Angst gemacht haben. Sie fühlte einen dumpfen Schmerz hinter den Augen, als sie sich aufrichtete und zum Fenster schaute, vor dem graue Nebelschlieren vom Wind gequirlt wurden. Lena zitterte, obwohl es gar nicht kalt war im Wigwam, wie sie ihr Zimmer nannte. Sie griff nach dem Wasserglas, das auf ihrer Geheimniskiste stand, und trank gierig, weil ihr von dem schalen Geschmack im Mund fast übel war.

Als Lena dann auf dem Sisalteppich stand und sich dehnte und streckte, ließ das Frösteln nach. Warum fühl ich mich nur so schlapp?, dachte sie. Ob das mit der Englischarbeit zu tun hat? Sie riss das Fenster auf und ließ die kühle Herbstluft ins Zimmer fluten.

Endlich gab Gregor das Badezimmer frei. Lena duschte hastig und eilte dann, kaum richtig angezogen, die Treppe hinunter. Dem Klavierspieler Pitt rief sie zu: „Hör schon auf! Das wird ja doch nichts.“

„Meinst du wirklich?“ Ihr Bruder lächelte dankbar und klappte erleichtert den Deckel herunter.

Die Morgenkühle verschlug ihr den Atem. Lena tätschelte die Wuschelhündin und rannte zum Pferdestall. Ronja bellte ihr empört nach, denn sie hatte intensivere Zuwendung erwartet. Der Wind fetzte die dürren Blätter von den Ulmen und heulte im Gebälk der offenen Scheune.

Da sah Lena die Bescherung. Die Bohlen der unteren Hälfte der Stalltür waren zersplittert. Natürlich Mux! Nach der Kastration hatte der junge Haflinger sich schnell erholt, aber seine Halbstarkenmanieren hatte er noch immer nicht abgelegt. Ihm gefiel es ganz und gar nicht, dass er jetzt über Nacht mit den anderen Pferden im Stall bleiben musste. Doch der Sommer war vorbei.

Tewes hatte entschieden, dass die Pferde am Abend in den Stall müssten, weil die feuchte Nachtluft nicht gut für ihre Lungen sei.

„Verdammt!“, schimpfte Lena. „Das gibt wieder Zoff.“

Sie zog die Holzsplitter aus dem Rahmen und schleuderte sie ins Gebüsch. Klar, die Scharniere waren auch zum Teufel. Ob Tewes das reparieren konnte? Wahrscheinlich musste die ganze Tür erneuert werden, und das kostete einen Haufen Geld.



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