2009 - komplett by 3 Romane

2009 - komplett by 3 Romane

Autor:3 Romane [Romane, 3]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-28T15:57:07+00:00


Es beunruhigte ihn auch, dass das Baby jetzt aus vollem Hals schrie. Konnte er Olivia glauben? Konnte er bei so vielen Lügen überhaupt noch irgendetwas glauben? Oh Gott, das Brüllen des kleinen Burschen konnte einem auf die Nerven gehen. Er drehte sich um, hob ihn aus der Wiege und bettete das Kind an seine Brust. Als der kleine Stephen die nötige Aufmerksamkeit erhielt, hörte er sofort auf zu schreien und schniefte in die weiche Wolle von Wills Tunika.

Nachdem das Kind friedlich an seiner Brust ruhte, wandte Will sich wieder zu Olivia um und setzte seine Befragung fort. „Stimmt es, dass Ihr aus Hycliff seid? Das dürfte ungefähr siebzig Meilen im Süden liegen. Ihr seid von so weit her gekommen?“

Stumm stand sie da, den Blick auf das Kind gerichtet. Sie schien wie zu Eis erstarrt, und alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen.

Langsam verlor Will die Geduld. „Sagt es mir, verdammt noch mal! Das Spiel ist vorbei, Olivia, oder ist es so selbstverständlich für Euch geworden zu betrügen, dass Ihr Euch nicht an die Ehrlichkeit gewöhnen könnt?“

„Nein! Nein, ich werde Euch alles erzählen, Mylord, bitte!“ Ihr Entsetzen verblüffte ihn. Er verstand sie nicht, bis sie die Arme ausstreckte und flehte: „Nur, bitte, tut ihm nicht weh!“

Sie glaubte tatsächlich, er wolle dem Baby wehtun!

In Wahrheit hatte er sich nichts dabei gedacht, als er das Kind hochnahm. Stephen hatte geschrien, und Will war ihm am nächsten gewesen, das war alles.

Er besaß keine Scheu vor Kindern wie die meisten Krieger. Seine einfache Herkunft hatte ihm viel Erfahrung mit Babys eingebracht. Meistens empfand er sie als eine erfreuliche Abwechslung. Oft sah man ihn in seiner eigenen Burg aus Spaß einen Knirps auf die Schulter heben. Oder er ließ bei einem Ritt auf seinem Hengst ein Kind vor sich im Sattel sitzen.

Doch all das konnte Olivia nicht wissen.

Sie glaubte, er wolle dem Kind etwas antun. Bei Gott, wie konnte sie so etwas von ihm denken?

Will sah auf Stephen hinunter, der jetzt eingeschlafen war. Im Schlaf sah sein engelhaftes Gesicht weich und süß aus.

„Er ist ein schönes Kind“, sagte Will zu Olivia, ehe er ihr Stephen übergab.

Kaum hatte sie das Baby auf dem Arm, änderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie musste erkannt haben, was sie getan hatte. Ihr Gesicht, das sie zu einer so schlechten Lügnerin machte – denn jeder Gedanke, jedes Gefühl spiegelte sich in ihren Zügen wider –, zeigte ihm jetzt ihre Reue. „Oh, ich ... ich wollte nicht ...“

„Ich weiß, Olivia.“ Er schenkte ihr ein bitteres Lächeln. „Es ist nicht das erste Mal, dass Ihr mich verkannt habt.“

Er glaubte, der Gedanke würde sie beschämen. Zu seinem Erstaunen schlug sie jedoch zurück. „Habe ich das? Seid Ihr so tugendhaft, dass Ihr über jeden Vorwurf erhaben seid?“

Er kniff die Augen zusammen. Als Stephen zu strampeln anfing, trat das Mädchen Gean hinzu und nahm ihn Olivia ab. „Ich werde mich um ihn kümmern, Mylady“, murmelte sie.

„Ausgezeichnet“, meinte Will, trat vor und packte Olivia am Arm. „Dann werden wir beide diesen Ort verlassen und unseren Streit woanders fortsetzen.“ Er nickte John und seiner Frau kurz zu und zog Olivia zur Tür.



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