12 Der schwarze Tod by Hohlbein Wolfgang

12 Der schwarze Tod by Hohlbein Wolfgang

Autor:Hohlbein, Wolfgang [Hohlbein, Wolfgang]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-03-30T11:31:36+00:00


»Jetzt«, bestätigte sie. »Und ich möchte Euch bitten, zu ihnen zu gehen, bevor sie auch noch die anderen Gäste aufwecken. Euer schwarzer Freund ist bereits unten.«

Sie hatte keine anderen Gäste, wie A ndrej sehr wohl wusste (und er wusste auch, dass sie wusste, dass er es wusste), aber er nickte nur knapp. »Sagt ihnen, dass ich gleich da bin!«

»Das will ich hoffen«, erwiderte sie. »Und über diese andere Geschichte …«

»… reden wir noch«, beendete A ndrej den Satz, schloss die Tür und drehte sich mit einem übertriebenen Seufzen wieder zu Corinna.

»Ihr bringt mich in Schwierigkeiten, Signorina«, sagte er. »Das ist Euch doch hoffentlich klar.«

»Und das mit dem größten Vergnügen«, bestätigte sie und machte einen leicht ungeschickten Hofknicks.

»Immer wieder gerne zu Diensten.«

A ndrej hätte gerne gelacht, aber es gelang ihm nicht.

Der Traum wartete immer noch darauf, ihn bei der geringsten Unaufmerksamkeit zu überwältigen. Er zog sich an, schlang seinen inzwischen hoffnungslos zerfetzten Mantel um sich und musste sich noch einige A ugenblicke gedulden, in denen er Corinna mit großem Vergnügen dabei zusah, wie sie sich ebenfalls ankleidete.

Es war ein sonderbares Gefühl, angenehm, aber auch verwirrend. Corinna und er hatten in den wenigen Tagen, d i e er sie jetzt kannte, so ziemlich alles miteinander getan, was ein Mann und eine Frau miteinander tun können, aber ihr bei etwas so A lltäglichem zuzusehen war auf eine bisher unvertraute A rt … beruhigend. Es bereitete ihm einfach Freude, sie zu betrachten, wie sie sich vorbeugte und ihre knöchelhohen Schuhe zuband oder sich das bestickte Tuch um die Schultern legte.

»Du erwartest Besuch zu dieser frühen Stunde?«, fragte sie, als sie fertig war. »Habe ich Grund, eifersüchtig zu sein?«

A ndrej konnte nur die Schultern heben. »Gehen wir nach unten und sehen nach!«

Corinna drückte ihm einen spielerischen Kuss auf die Wange (wozu sie sich auf die Zehenspitzen stellen musste), aber A ndrej entging nicht der scheue Blick, mit dem sie seine zerfetzten Kleider und die dunklen Flecken auf seinem Hemd musterte. Dennoch verließen sie das Zimmer ohne ein weiteres Wort und machten sich auf den Weg nach unten. Corinna folgte ihm so dichtauf, dass er ihren A tem im Nacken spürte, als sie die steile Treppe hinuntergingen. Von unten drangen undeutliche Stimmen an sein Ohr: A bu Duns Knurren und noch eine andere, klarere – und sehr markante – Stimme. A ndrej ging noch zwei weitere Stufen, bis ihm auffiel, dass Corinna ihm nicht mehr folgte, sondern stehen geblieben war. Überrascht drehte er sich zu ihr um und sah, dass sie sogar noch ein Übriges getan und wieder eine Stufe hinaufgegangen war. Corinna kam seiner Frage zuvor.

»Ich … ich habe etwas in deinem Zimmer vergessen«, behauptete sie. »Geh schon einmal vor. Ich komme gleich nach.«

Und damit wandte sie sich vollends um und lief so schnell die Treppe hinauf, dass ihm keine Gelegenheit mehr blieb, sie noch einmal zurückzurufen, selbst wenn er es gewollt hätte. Ein seltsames Verhalten, dachte er.

Und ein bisschen beunruhigend.



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