04 - Passagier nach Frankfurt by Agatha Christie

04 - Passagier nach Frankfurt by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-02T18:24:16+00:00


Kapitel 11

Die Jungen und die Schönen

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen, in einem kleinen Frühstückszimmer zu ebener Erde, wartete Renata schon auf ihn. Die Pferde standen vor der Tür.

Beide hatten ihre Reitausrüstung mitgebracht. Alles, was sie benötigen könnten, hatten sie in weiser Voraussicht eingepackt.

Sie saßen auf und ritten über die Schlosseinfahrt davon. Renata unterhielt sich ausführlich mit dem Reitknecht. «Er fragte, ob wir seine Begleitung wünschen, aber ich habe Nein gesagt. Die Reitwege hier sind mir gut bekannt.»

«Ich verstehe. Waren Sie schon einmal hier?»

«In den letzten Jahren nicht mehr so oft. Früher kannte ich diese Gegend einmal sehr gut.» Er warf ihr einen scharfen Blick zu. Während sie neben ihm ritt, beobachtete er ihr Profil – die dünne gebogene Nase, den Kopf, der sich so stolz vom Nacken erhob. Sie war eine gute Reiterin, das konnte er sehen. Aber heute Morgen regte sich ein Unbehagen in ihm. Er wusste nicht genau, warum…

Seine Gedanken gingen zurück in die Flughafenhalle. Zu der Frau, die da auf ihn zugekommen war, plötzlich neben ihm gestanden hatte. Das Pilsglas auf dem Tisch… Da war nichts, was nicht hätte sein sollen – weder damals noch später. Er war das Risiko eingegangen. Warum löste sie jetzt, lange nachdem dies geschehen war, solch ein Unbehagen in ihm aus?

Sie ritten eine kurze Trabstrecke, nach einem Ritt durch den Wald. Es war ein wunderschöner Besitz mit herrlichen Wäldern. In der Ferne sah er Tiere mit Geweihen. Ein Paradies für einen Jäger, ein Paradies für die alte Lebensweise, ein Paradies, das – was? eine Schlange? – enthielt. Wie war es zu Anfang? Es gab immer auch eine Schlange im Paradies. Er zügelte sein Pferd, die Pferde verfielen in Schritt. Er und Renata waren allein – keine Mikrofone, keine lauschenden Wände – die Zeit für seine Fragen war gekommen.

«Wer ist sie?», fragte er eindringlich. «Und was ist sie?»

«Das ist leicht zu beantworten. So leicht, dass man es kaum glauben kann.»

«Nun?», fragte er.

«Sie besitzt Ölquellen. Kupfer, Goldminen in Südafrika. Waffenindustrie in Schweden, Uranminen im Norden. Nuklearforschung, riesige Kobaltvorkommen. All das besitzt sie.»

«Aber ich habe noch nie von ihr gehört, ich kannte nicht einmal ihren Namen, ich wusste nicht –»

«Sie will nicht, dass die Leute darüber Bescheid wissen.»

«Kann man solche Dinge denn geheim halten?»

«Es ist ganz leicht, wenn man genügend Kupfer, Öl, Nuklearlager, Waffen und all dieses Zeug besitzt. Mit Geld kann man Reklame machen oder aber Geheimnisse hüten, man kann Dinge vertuschen.»

«Aber wer ist sie wirklich?»

«Ihr Großvater war Amerikaner. Er besaß hauptsächlich Eisenbahnen, glaube ich. Vielleicht auch Schlachtschweine in Chicago, seinerzeit. Es ist, als würde man das Rad der Geschichte zurückdrehen, wenn man das untersucht. Er heiratete eine deutsche Frau. Ich nehme an, Sie haben von ihr gehört, die Dicke Belinda wurde sie genannt. Waffen, Reedereien, der ganze Industrie-Reichtum Europas. Sie war die Haupterbin ihres Vaters.»

«Also unermesslicher Reichtum von beiden Seiten», sagte Sir Stafford Nye, «und damit – Macht. Wollen Sie das damit sagen?»

«Ja. Sie hat nicht nur geerbt, wissen sie. Sie hat auch selbst Geld verdient. Sie hat einen ausgezeichneten Verstand geerbt, war selbst ein großes Finanzgenie.



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