Zweite von links | Mein Leben mit und ohne Swissair by Greta Gantenbein

Zweite von links | Mein Leben mit und ohne Swissair by Greta Gantenbein

Autor:Greta Gantenbein [Gantenbein, Greta]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Flight Attendant, Flugfahrt, Swissair, Swissair Grounding
ISBN: 9783037636138
Herausgeber: Wörterseh Verlag
veröffentlicht: 2016-11-01T16:00:00+00:00


Kurze Zeit später kam ich zu weiteren Lorbeeren. Die Stadt Wil feierte das Zehn-Jahre-Jubiläum ihrer Tonhalle mit einer Ausstellung. Alle bildenden Künstlerinnen und Künstler aus der näheren Umgebung von Wil und jene, die glaubten, es zu sein, wurden eingeladen, anonym drei ihrer Werke einzureichen. Was konnte man dabei schon verlieren? Ich machte mit. Schon bald erhielt ich die Nachricht, die Jury habe eines meiner Aquarellbilder als für die Ausstellung würdig befunden. Schön! Anlässlich der Feier erklärten dann die Experten anhand der Werke ihre Kriterien für die Auswahl, und sage und schreibe, bei meinem Aquarell war es explizit die Beherrschung der Technik, die zählte. Meine anwesenden Freunde lachten sich ins Fäustchen.

Alles schön und gut, aber Fakt war: Ich brauchte ein sicheres Einkommen. Das gab mir meine Malerei nicht, und ich traute mir nicht zu, auf Kommando zu produzieren. Das war auch nie das Ziel gewesen. Die Malerei hatte für mich eine andere Bedeutung, vielleicht auch eine therapeutische.

Ich musste mir also einen Brotjob suchen. Aber wie hätte das gehen sollen? Weder gab es abgestimmte Stundenpläne in der Schule noch einen Mittagstisch. Kinderhort oder Krippe? Nur für Rabeneltern! Niemand brauchte so etwas in der ländlichen Umgebung. Auf den Höfen war immer jemand zu Hause, und anständig gekocht wurde sowieso. Blieben noch die Hausfrauen nach altem Muster und – ich und eine Bekannte aus dem Nachbardorf, die in der gleichen Situation war. Wir suchten zusammen nach einer Lösung, fanden aber keinen gemeinsamen Nenner. Ihre Kinder besuchten die Steiner-Schule, und für sie gab es außer Rudolfs Welt keine. Für mich kam das nicht infrage, ich hatte schon zu oft erlebt, wie viele andere Welten es noch gibt. Ein schönes Jobangebot aus Zürich steigerte zwar mein Selbstwertgefühl, machte mich aber noch frustrierter, denn ein so langer Arbeitsweg ging ganz einfach nicht.

Am Tiefpunkt angelangt, brachte mir unser lieber Posthalter Louis, der freundlicherweise immer meine Briefe zum Abschicken mitnahm, ein Couvert von der Swissair. Aufgeregt las ich, dass sie wegen der Einführung der Business-Class Hostessen suchten und – ob ich an einem Wiedereintritt als Teilzeit-Flight-Attendant interessiert wäre. Jaaa! Wäre ich, sehr sogar! Aber wie sollte ich das deichseln? Mich melden und so ganz beiläufig anfügen: »Wenn ich vielleicht auch noch die Kinder mitnehmen dürfte? Ginge das?«

Jetzt nur nicht durchdrehen. Tief einatmen, nicht weinen, ganz ruhig bleiben. Ganz, ganz ruhig, und nicht in die Küche gehen, weg von dem neuen Geschirr, das du dir endlich geleistet hast, und schon gar nicht an den Schnaps denken, das tun nur Männer im Film!

Ein guter Geist flüsterte mir zu: Tu das, was dir immer hilft, geh mit Zibi in den Wald! Wir marschierten los, den Hang hinauf, und zufällig war meine Nachbarin Hanny im Garten. Sie sah sofort, dass es mir dreckig ging, und offerierte einen Kaffee. Hanny wusste von meiner schwierigen Lage, und ich erzählte ihr vom Swissair-Angebot und meinem elenden Scheißpech, den Speck so nahe vor der Nase zu haben und »Nein danke« sagen zu müssen. Dann geschah etwas, was ich als eine der wunderbarsten Schicksalsfügungen meines Lebens betrachte. Hanny



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