Zum Zeitvertreib by Spielhagen Friedrich

Zum Zeitvertreib by Spielhagen Friedrich

Autor:Spielhagen, Friedrich
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T00:00:00+00:00


So huldvoll verabschiedet, tauchte Albrecht wieder in das Gewühl zurück, das Herz geschwellt von einem Frohgefühl – er hätte hineinjauchzen mögen in diese geschminkte Maskerade der oberen Zehntausend, wie er es in der Einsamkeit seiner Berge als Junge gethan hatte, wenn die Welt hell sonnig um ihn wogte, unter ihm sich breitete. War er denn wirklich der arme Schulmeister von gestern, von heute vormittag noch, der sich in seiner Verzweiflung Odysee-Exemplar nicht an die hohlen Köpfe zu werfen! Aber »aus den Wolken muß es fallen, aus der Götter Schoß das Glück!« Und spenden sie einmal, die Unsterblichen, so thun sie es mit vollen Händen: den Kuß von den süßen Lippen der angebeteten Frau! die Gunst und Huld der Mächtigen dieser Erde, die den Schlüssel führen zu der Halle des Ruhms! Liebe und Ruhm! die beiden höchsten Sterne, an denen der sehnsuchtsvolle Blick des Knaben schon gehangen! Nun nicht mehr unerreichbar in unermeßlicher Höhe! Als holde Genien niedergeschwebt zu ihm, die glänzenden Fittige um ihn breitend, die finstere Gruft zum lichten Wolkenbette wandelnd, auf dem er gehoben wurde aufwärts zum Olymp, fortan zu speisen mit den Seligen von Ambrosia und Nektar!

So flutete es in mächtigen Wogen durch seine Seele, während er mit unzähligen Menschen sprach, Herren und Damen, die er nicht kannte, die ihm auch völlig gleichgültig waren, und die er doch, wie sie sich um ihn drängten und ihm huldigten, mit geistreichen Worten und Erwiderungen zu bezaubern nicht verschmähte. Mein Gott, ein Alexander auf seinem Eroberungszug, er annektiert auch die dürren Provinzen, steht ein königliches Herz gleich nach Indien mit seinen Lotosblumen und Palmenwäldern! Wie mein Herz nach dir, du Königin der Frauen! nach dem Moment, wo wir uns wieder Aug' in Auge blicken dürfen!

Er konnte sie nicht entdecken, so gierig seine Blicke auch in der wühlenden Menge nach ihr spähten. Aber das würde ja nicht lange mehr währen. Der Moment, wo man zu Tisch ging, mußte sie wieder vereinigen. Fräulein Stephanie hatte durch ihre Adjutanten herumsagen lassen, daß die »Künstler« auf dem Schauplatz ihrer Triumphe eine besondere Tafel bereit finden sollten. Sich von der erlauchten Runde auszuschließen, sei bei Strafe ihrer allerhöchsten Ungnade verboten.

Albrecht wußte: Klotilde würde sich nicht ausschließen.

Wie sie überzeugt war, daß er kommen würde.

In einem der anderen Gemächer, von einer dichten Schar Herren in Uniform und Civil umgeben, war sie inzwischen der Gegenstand ausschweifender Huldigungen gewesen. Hundertmal hatte sie zu hören bekommen, daß sie großartig, superb, magnifique gespielt habe, von ihrer Erscheinung, der kein Ausdruck gerecht werden könne, zu schweigen. Die Bernhardt und die Duse! Kunststück, wenn man jeden Abend, den Gott werden ließe, auf den Brettern stände! Aber so – aus dem Stegreif – aus dem Handgelenk – es sei einfach stupend!

Lächerliche Übertreibung! niemand wußte das besser als sie selbst, die beide große Künstlerinnen wiederholt gesehen und, nicht ohne ein starkes Gefühl des Neides, bewundert hatte. Aber sie war in der Stimmung, auch größeren Unsinn zu goutieren. Und dann fragte es sich noch sehr, ob die Theaterdamen auf dem Parkett des Salons das leisten könnten, was sie unter anderm heute abend fertig gebracht.



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