Zum Affen gemacht werden by Petra Fastermann

Zum Affen gemacht werden by Petra Fastermann

Autor:Petra Fastermann [Fastermann, Petra]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783848242931
Herausgeber: Books on Demand
veröffentlicht: 2014-10-19T16:00:00+00:00


Drei gefährliche Autoritäten: Degenerieren durch Alltag, Hass und Existenzangst

Es wird über ihn gesagt, dass niemand ihn möge. Nachdem sie ihn kennen gelernt haben, verabscheuen ihn alle oder geben zumindest vor, das zu tun. Aber viele Bürger lassen ihn zunächst freiwillig ein in ihre ganz privaten Wohnungen, denn er wirkt unauffällig, grau und genügsam – nahezu ungefährlich. Man könnte denken, er sei harmlos, weil er sich vollkommen bescheiden gibt. Wenn er leise anklopft – es ist bei ihm kalkulierte Methode, sich auf diese zurückhaltende Art einzuschleichen –, haben die meisten Mitleid mit ihm, weil er arm und bedauernswert wirkt. Sie halten es deshalb für eine menschliche Geste, ihm Einlass zu gewähren. Dass der Alltag grau und unscheinbar ist, weiß jedes Kind. Die Rede vom „grauen Gesicht des Alltags“ ist geradezu ein geflügeltes Wort. Das Wesen, durch das er sich kennzeichnet, ist absolut trist und trostlos. Kaum hat er es sich in einer warmen Wohnung gemütlich gemacht, beschließt er zu bleiben. Er weigert sich beharrlich zu gehen und wird über alle Maßen unverschämt. Ein jeder muss sich darüber im Klaren sein, dass er dem Alltag die Tür nicht öffnen darf, sondern kaum dass dieser klopft, äußerste Strenge zwingend erforderlich ist. Wer nicht hart bleiben kann, ist zu bedauern, aber selbst verantwortlich. Den leichtsinnig gemachten Fehler zu korrigieren ist ausgeschlossen, wenn der ungebetene Gast sich erst in der guten Stube aufhält, die er freiwillig nicht verlässt. Gähnend und zufrieden streckt er sich aus auf der Schlafcouch vor dem Fernseher. Wohlig warm ist es in den überheizten Wohnungen. Die dürre Hand greift am liebsten nach Salzstangen, aber ein Fruchtzwerg aus dem Kinderkühlschrank tut es auch. Geduldig und gelassen nimmt der Alltag bei Nichtgefallen die größten Anfeindungen verzweifelter Mitbewohner in Kauf, aber ihn hinauszuwerfen ist unmöglich, wenn er sich sein Plätzchen reserviert hat. „Platz ist in der kleinsten Hütte“, so heißt es über den Segen der Gastfreundschaft. Der Alltag nimmt die Menschen beim Wort, denn er glaubt an die Aufrichtigkeit seiner Gastgeber und deren Ehrenwort. Sie haben ihn noch nie enttäuscht.

Schlechtes Wetter öffnet dem Alltag noch viel leichter die Türen als gutes. Die Menschen sind eben doch zu oft mitleidig. Manch eine Familie – und es gibt deren nicht wenige –, die ihn sogar in die Ferien als Begleiter mitnimmt. Allzu gern fährt der Alltag in den Urlaub, denn er ist sehr reiselustig. Nur lustig ist er niemals. Der Alltag mag die Familien, weil sie besonders sorgfältig und großzügig für ihn sorgen. Er ist sehr gefräßig und passt sich in seinen Gewohnheiten seinen Wirten an. Je größer die Familien, desto lieber hat er sie. Er schätzt es, wenn seine Hausgenossen regelmäßig am Samstagmorgen den traditionellen Familiengroßeinkaufstag für die ganze Woche halten. Das ist für ihn wie ein Feiertag. Damit alle satt werden, wird eine ganze Menge besorgt. Da fällt der Alltag als zusätzlicher Esser kaum auf. Hei, was sie alles Feines einkaufen! Richtiges Alltagsfutter, nur vom Leckersten, so dass dieser frohlockt: Pudding und Grünkohl – vorzugsweise Geschmacksrichtung „bürgerlich“, alles andere verursacht ihm Verdauungsstörungen – aus



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.