Zeit der Eisblueten by Kitty Sewell

Zeit der Eisblueten by Kitty Sewell

Autor:Kitty Sewell [Sewell, Kitty]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783838749518
Google: VfKVAAAAQBAJ
Barnesnoble:
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2013-10-10T22:00:00+00:00


Als Dafydd die Augen öffnete, befand er sich allein im Raum. Die Helligkeit draußen verwunderte ihn, und er war desorientiert. Die Asche im Ofen glühte noch, aber im Haus war alles still. Niemand schien da zu sein. Sein Körper war steif und sein Kopf schwer. Er stand auf und streckte sich. Dann gähnte er, bis die Kiefer knackten. Plötzlich verspürte er einen ungeheuren Durst, als hätte er sich durch eine Wüste geschleppt. Seine Zunge fühlte sich geschwollen an.

Er ging in das kleine Badezimmer. Da es kein Fenster hatte, zündete er ein Streichholz an, um die qulliq anzumachen, eine mit Seehundsfett gefüllte Lampe aus kunstvoll zu einem Halbmond geschnitztem Speckstein. Er trank mehrere Becher Wasser. Dann putzte er sich die Zähne.

Der Spiegel über dem Waschbecken zeigte einen Dreitagebart. Sein Haar war zu lang, lockig und ungebärdig. Es war seit langer Zeit das erste Mal, dass er sein Gesicht wieder einmal genau betrachtete, und er musste lachen. Es war eher das Gesicht eines drogensüchtigen Hippies oder das eines Wracks von einem Mann – was ja stimmte. Er erinnerte sich daran, wie es war, sich selbst zu respektieren – sein Gesicht im Spiegel zu sehen und es ziemlich attraktiv zu finden, sogar schneidig, verheißungsvoll. Mehr als ein Jahr war vergangen, seit sein Leben zerbrochen war. Vielleicht reichte ein Jahr.

Während er in dem schäbigen kleinen Badezimmer stand, besserte sich seine Stimmung plötzlich. Die Bürde lockerte sich und trieb fort. Der Torfklumpen wurde wie ein Schwamm ausgewrungen, und das stinkende Wasser lief ab. Er fühlte sich leicht, frisch, federnd.

Er pinkelte in den »Honigeimer«, dann zog er seine Kleidung aus und stellte sich in den kleinen Kasten, der als Dusche diente. Der winzige Strahl kalten, kupferhaltigen Wassers fühlte sich so ungewöhnlich an, als stünde er unter einem Wasserfall in den Bergen. Er trocknete sich ab und zog sich an. Dann schabte er wenig effektiv mit dem Rasiermesser eines der Männer in seinem Gesicht herum und fügte sich eine Schnittwunde an der Kehle zu.

In der Küche traf er auf Uyarasuq, die still und reglos am Tisch saß.

»Die Väter machen einen Besuch«, erklärte sie. »Sie kommen erst spät wieder.«

»Was tun Sie hier?«, fragte er erstaunt.

»Ich ruhe meine alten Knochen aus«, sagte sie mit dem frischen Gesicht eines Teenagers.

»Ich muss stundenlang geschlafen haben.«

»Sie sagten, dass Sie meine Schnitzereien sehen wollten.«

Er beobachtete, wie ihre weiße Haut errötete, und sie wandte das Gesicht ab, um es zu verbergen.

»Liebend gern. Wo sind sie?«

»In meinem Haus.«

Sie stand auf uns zog sofort ihren Parka über. Er schaute sich nach seinen eigenen Sachen um. Sie waren in seinen Schlafsack eingerollt, den er hinter das Sofa gepackt hatte.

Draußen war die Luft mild, und der Himmel zeigte ein schwaches Blau. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war. Uyarasuq nahm ihn bei der Hand und führte ihn zielbewusst um die anderen Unterkünfte herum zu einem winzigen Haus in der Nähe des Ufers. Es war ein Einzimmerhäuschen und nicht größer als der Wohnwagen, den seine Eltern in seinen Kindertagen besessen hatten. Im Innern war die Luft feucht, und man roch den Gasofen.



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