Wortstoffhof by Axel Hacke

Wortstoffhof by Axel Hacke

Autor:Axel Hacke [Hacke, Axel]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlag Antje Kunstmann
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


» Denn mein Leib ist Klang und Ton,

hörbar nur allein,

diese Stimme selber schon

ist mein ganzes Sein.«

Ob so auch der Käse zum Rudi sprach: Denn mein Laib ist Klang und Ton …? Es scheint mir seit jener Rede, als sei die Welt des Fußballs tiefer, geheimnisvoller, als wir uns je vorstellten.

KAUFLAUNE

In der Welt stand das im Juni 2006, als die Fußballweltmeisterschaft noch gar nicht begonnen hatte, ganz vorne und ganz oben: »Fußball-WM versetzt die Verbraucher in Kauflaune.«

Kauflaune, dachte ich, Kauflaune …

Ich spürte in mich hinein – war da drinnen etwas von dieser Laune? Möchtest du kaufen? Möchtest du in die Shops, Malls und Märkte ziehen? Und, wenn ja, war es die Fußball-WM, die dich in diese Stimmung versetzte? Noch nie seit 1980, wurde in der Welt berichtet, sei die »Anschaffungsneigung«, teure Güter wie Autos und Möbel betreffend, so hoch gewesen wie jetzt. Und was kleinere Güter angehe: Adidas habe statt der geplanten 500.000 deutschen WM-Trikots bereits eine Million verkauft.

Wie ist das möglich?, dachte ich. Haben sich tatsächlich so viele Menschen Hoffnung gemacht auf einen Platz im Klinsmann-Kader, der doch nur 23 Männer umfasste? Dass sie sich bereits ein Trikot anschafften, obwohl sie nicht mal zu einem Trainingslager geladen waren? Wie soll man das werten? Zeichen bedingungsloser Einsatzbereitschaft? Oder doch etwas wie Realitätsferne?

Jedenfalls: Kauflaune.

Reicht es nicht, dachte ich, dass es so schlimm-unwägbare Dinge wie »saisonal bedingte Arbeitslosigkeit« gibt? Was das Kaufen angeht, dachte ich: Es war doch nie eine Frage der Laune in Deutschland. Dieses Land ist mit Schlussverkäufen groß geworden. Mit langen Schlangen, die in bitterer Kälte auf die Öffnung der Kaufhaustüren warteten. Mit knallhartem Einsatz am Wühltisch. Vergessen wir nicht die deutsche Hausfrau, die noch jede Konkurrentin um ein Sonderangebot abgrätschte, wenn es sein musste! Unsere Eltern haben nie zu Hause gesessen und auf Erzeugung irgendwelcher Launen gewartet, sie sind hinausgegangen in die Fußgängerzonen und haben gekämpft. Und es sind die tristen Tage gewesen, an denen sie zur großen Form aufliefen und konsumierten, was der GfK-Index hergab.

Kauflaune, dachte ich dann, das mag etwas für Brasilianer sein. Konsumklima, Verbraucherstimmung, Anschaffungsneigung – ha! So dachte ich: Kaufen darf in diesem Land nie eine Frage der Laune sein. Kaufen ist Kampf, wir müssen aus der Defensive heraus unseren Kauf machen, dachte ich, anders ist es nie gewesen, vergesst die deutschen Tugenden nicht!

Kauflaune, Blödsinn.



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