Wirbel im Internat by Marie Louise Fischer

Wirbel im Internat by Marie Louise Fischer

Autor:Marie Louise Fischer [Fischer, Marie Louise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2017-04-20T00:00:00+00:00


Eine Sekunde lang blickten sich Lehrer und Schülerin abschätzend in die Augen.

Dann erklärte er: „Also dann. Von mir aus. Versuchen wir es, damit ich nicht in den Ruf eines Feiglings komme.“

„Bravo!“ rief Yvonne. „Das hatte ich von Ihnen auch gar nicht anders erwartet!“

„Sie haben den Aufschlag“, erklärte er und nahm seinen Platz auf der anderen Seite des Netzes ein.

Sie war Tweedy in keiner Weise gewachsen. Zwar war sie flinker als er, aber er war viel stärker, und seine Bälle kamen präzise, während sie allzu oft ins Netz oder ins Aus schlug. Sie verlor den ersten Satz mit Pauken und Trompeten.

„Na also“, sagte Dr. Jung, „das wäre es. Machen wir Schluß.“

„Aber wieso denn?“ protestierte Yvonne. „Doch nicht schon nach einem Satz! Das wäre unfair, ich mußte mich doch erst einspielen.“

„Es wird ja schon dämmrig. Seien Sie vernünftig, Yvonne. Ein andermal gebe ich Ihnen bestimmt Revanche.“

„Nein, jetzt!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf. „So was hat es ja noch nie gegeben, daß jemand ein Match nach dem ersten Satz einfach abbricht!“

Er gab nach, weil er sich nicht mit Yvonne anlegen wollte. Direktor Pförtner hatte ihn bei seiner Einstellung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß er es auf Hohenwartau nicht mit gewöhnlichen Schülerinnen zu tun hatte, sondern mit reichen, verwöhnten Mädchen, die ihren Aufenthalt teuer bezahlten und deshalb besonderes Interesse und Entgegenkommen für ihr Geld erwarten konnten.

Sie wechselten die Plätze. Die Dämmerung des Wintertages fiel rasch ein, und bald konnte Dr. Jung Yvonne, die in ihrem sandfarbenen Tennisdress jenseits des Netzes herumhüpfte, kaum noch erkennen. Er überlegte schon, ob er sie nicht diesen Satz gewinnen lassen sollte, damit die liebe Seele Ruhe hatte. Aber er gab den Plan gleich wieder auf, weil sie dann sicher behaupten würde, daß die Entscheidung noch ausstünde. So schickte er einen exakten Schmetterball nach dem anderen zu ihr hinüber, von denen sie kaum einen halten konnte.

Plötzlich schrie sie auf, und im gleichen Augenblick sah er sie zusammensinken. Er ließ den Schläger fallen, hechtete über das Netz und war im Bruchteil einer Sekunde bei ihr.

Sie lag auf dem roten Aschenboden, ihren Schläger hatte sie noch in der Hand.

Yvonne hielt das eine Bein angezogen und jammerte: „Mein Fuß! Au weh! Ich weiß nicht, was passiert ist! Ich fürchte, ich habe ihn mir gebrochen!“ Ihre großen blauen Augen standen voller Tränen.



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