Winnetou und der Scout by Karl May

Winnetou und der Scout by Karl May

Autor:Karl May [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-05-17T22:00:00+00:00


EIN INDIANISCHES KRIEGSLAGER

Ich sollte zum ersten Mal in meinem Leben ein indianisches Lager betreten, und zwar ein Kriegslager. Ich fühlte Neugierde und zugleich eine gewisse Bangigkeit. Das war wohl nicht zu verwundern. Mir schien es, als ob Old Death ein wenig unvorsichtig gehandelt habe, denn wir hatten gar nicht die Gewißheit, daß die Comanchen uns freundlich aufnehmen würden. Als ich darüber eine Bemerkung machte, fertigte er mich sehr kurz ab.

Während des kurzen Rittes fand ich bestätigt, was ich früher gehört hatte, daß nämlich die Indianer sehr gute Läufer sind. Unsere Pferde hatten einen scharfen Schritt zu nehmen, um mit dem Roten fortzukommen. Plötzlich tauchten mehrere dunkle Gestalten vor uns auf. Es waren die Lagerposten. Der Führer wechselte einige Worte mit ihnen und entfernte sich dann. Wir aber mußten stehenbleiben. Nach einiger Zeit kehrte er zurück, um uns zu holen. Es war stockdunkel. Der Himmel hatte sich getrübt, kein Stern war mehr zu erkennen. Ich schaute fleißig nach rechts und nach links, konnte aber nichts erkennen. Nun mußten wir wieder anhalten. Der Führer sagte: »Meine weißen Brüder mögen sich nicht mehr vorwärts bewegen. Die Söhne der Comanchen brennen während eines Kriegszuges kein Feuer an, aber jetzt sind sie überzeugt, daß sich kein Feind in der Nähe befindet, und so werden sie Feuer machen.«

Er huschte fort. Nach wenigen Augenblicken sah ich ein glimmendes Pünktchen, so groß wie eine Stecknadelkuppe.

»Das ist Punks«, erklärte Old Death.

»Was ist Punks?« erkundigte ich mich.

»Das Präriefeuerzeug. Zwei Hölzer, ein breites und ein dünnes, rundes. Das breite hat eine kleine Vertiefung, die mit Punks, also mit trockenem Moder aus hohlen, ausgefaulten Bäumen, gefüllt wird. Das ist der beste Zunder, den es gibt. Das dünne Stäbchen wird dann auch in die Vertiefung auf den Moder gesetzt und mit beiden Händen schnell wie ein Quirl bewegt. Durch diese Reibung erhitzt und entzündet sich der Zunder. Seht!«

Ein Flämmchen flackerte auf und wurde zur großen, von einem trockenen Laubhaufen genährten Flamme. Doch bald sank sie wieder nieder, denn der Indianer duldet keinen weit leuchtenden Feuerschein. Es wurden Aststücke angelegt, und zwar im Kreis, so daß sie mit dem einen Ende zum Mittelpunkt zeigten. Dort brannte das Feuer, das auf diese Weise leicht zu regeln war, denn je nachdem man das Holz näher heran oder zurückschob, wurde das Feuer größer oder kleiner. Als das Laub hoch aufflammte, sah ich, wo wir uns befanden. Wir hielten unter Bäumen und waren rings von Indianern umgeben, die ihre Waffen in den Händen hielten. Nur einige wenige hatten Gewehre, die anderen waren mit Lanzen, Pfeilen und Bogen bewaffnet. Alle aber trugen Tomahawks, jenes fürchterliche Kriegsbeil der Indianer, das in der Hand eines geübten Kriegers eine weit gefährlichere Waffe ist, als man gewöhnlich annimmt. Als das Feuer geregelt war, erhielten wir die Weisung abzusteigen. Man führte unsere Pferde fort. Wir befanden uns nun in der Gewalt der Roten, denn ohne Pferde war in dieser Gegend nichts zu machen. Zwar hatte man uns die Waffen nicht abverlangt, aber fünf gegen hundert ist kein sehr erquickliches Verhältnis.

Wir durften zum Feuer treten, an dem ein einzelner Krieger saß.



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