Wie ein Falke im Sturm by Simon X. Rost
Autor:Simon X. Rost [Rost, Simon X.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Lübbe Digital
veröffentlicht: 2010-12-31T23:00:00+00:00
29. Februar 1152, Unterwegs nach Frankfurt
Das Rattern des Karrens neben ihm und das unablässige Klappern der Hufe von allen Seiten hatte ihn schläfrig gemacht, als plötzlich von vorn ein Schrei zu ihm drang. Ditho blickte auf. Ein Kundschafter kam zum Tross zurück. Zwei Bewaffnete an seiner Seite, erstattete er Gisbert Bericht über den Standort ihres nächsten Nachtlagers. Gisbert erteilte dem Reiter Anweisungen, dann zügelte er sein Pferd, lieà es wenden und zum Herzog aufschlieÃen.
Eine Gruppe Aschenbrenner stand am Waldrand. Die Männer stocherten in einem schwelenden Haufen Waldasche, die sie für die Seifensieder herstellten, und bestaunten den Zug. Schwalben zogen ihre Bahnen knapp über dem Graubraun der brachliegenden Felder. Es wurde wärmer.
Ditho lockerte seinen Umhang und blickte in ein Heer aus bunten Fahnen, Wappen und Lanzen, das sich langsam auf den Horizont zuschob und von fahrendem Volk, Bettlern, Bauern, Kaufleuten und Huren begleitet wurde. Unzählige Karren, Esel und Pack- und Reitpferde bildeten zusammen mit Ziegen und Kühen einen vierhundert Schritt langen Wurm, der sich über die holprigen StraÃen mit tiefen Schlaglöchern und Pfützen wälzte und dabei grunzte, blökte und schrie, alles abfraÃ, was links und rechts des Weges lag, und eine breite Schneise aus Schlamm und Kot hinterlieÃ.
Dutzende Fürsten mit ihrem Gefolge waren vor zwei Tagen mit ihnen zum Zug nach Frankfurt aufgebrochen, Dutzende weitere schlossen sich während der Reise an, brachten ihre Ritter mit, ihre Frauen und ihre Pfaffen, ihre Köche, ihre Kinder, ihre Berater und Bediensteten. Die Fürsten hoch zu Pferde, die Kirchenfürsten zumeist in Wagen oder Sänften und von ebenso vielen bewaffneten Reitern begleitet wie die weltlichen Herrscher.
Das stete Rauschen des Rheins hatte sie bis Coblenz begleitet, seit sie in Köln über den Strom gesetzt hatten. Ab dort war es durch den kahlen Wald und die morastigen Felder gegangen. Sie hatten Coblenz am Morgen hinter sich gelassen und bewegten sich auf Mainz zu. Frankfurt lag noch zwei Tagesritte vor ihnen, und Ditho wusste nicht, ob es ihm bis dahin gelingen würde, den Mörder zu stellen, bevor dieser wieder zuschlug.
Jasmo hatte recht. Der Lazarus-Ritter suchte eine Bühne für seine Tat, und Frankfurt oder Aachen würde ihm eine bieten.
Ditho hatte sich immer wieder im Tross umgesehen, hatte sich zurückfallen lassen und war bis zur Spitze geritten, um die Männer, die mit ihnen ritten, genau zu beobachten. Er behielt Anselm von Wittlingen im Auge, Gisbert und Albert, den feisten Notar, mit dem er gestern ein kurzes, unergiebiges Gespräch geführt hatte. Ditho hatte gerade nach dessen Zeit bei den Kreuzzügen gefragt, als sich der Notar über den Rand des Wagens beugte und sich erbrach. Vom Schaukeln des Wagens, in dem er reiste und gleichzeitig Akten verfasste, war ihm übel geworden. Seitdem kauerte er mit grünem Gesicht in seinem Gefährt.
Ditho hatte auch nach groÃen Männern Ausschau gehalten, nach Veteranen des Kreuzzugs, nach blonden langen Haaren, nach Zeichen von Aussatz. Aber der Tross bestand aus mehr als vierhundert Menschen, und Ditho kam mehr und mehr zu der Ãberzeugung, dass der Mörder sich verkleidete. Vielleicht hatte Gisbert auch recht, und man wollte Ditho nur glauben machen, dass es einen Lazaristen gab.
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