Wer schlafende Hunde weckt by Christopher Brookmyre

Wer schlafende Hunde weckt by Christopher Brookmyre

Autor:Christopher Brookmyre [Brookmyre, Christopher]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783462306187
Herausgeber: eBook by Kiepenheuer&Witsch
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Die Verlassene

Wie vereinbart, kamen sie kurz nach eins an. An der angegebenen Adresse in einem ruhigen Wohngebiet in Clarkston, südlich der Stadt, fanden sie ein rotes Sandsteinreihenhaus vor. Im Vorgarten spielte ein kleines Mädchen mit ihren zwei Plastikpuppen, die in einer Kinderkarre festgeschnallt saßen. Sie hatte schwarze Zöpfe und trug den Rock, das Hemd und den Schlips einer Schuluniform.

Jasmine öffnete das Gartentor und begrüßte sie, aber das Mädchen sagte nichts und rannte nach drinnen. Tron und Jasmine gingen den Plattenweg auf die offene Haustür zu. Sie hörten, wie das Mädchen ihrer Mutter ankündigte, dass jemand da war.

Jasmine klingelte trotzdem und wartete am Fuß der Steinstufen. Sie sah sich den Hausflur an und fragte sich: Was stimmt an diesem Bild nicht? Die verwirrende Antwort war wohl: gar nichts. Die Szene sah aus wie ein Bild häuslicher Zufriedenheit in einem Einkaufskatalog. Schönes Haus, geschmackvolle Einrichtung, ein süßer Fratz, der wohl gerade zur Schule ging, sowie ein Treppengitter und gerahmte Fotos, die auf die Existenz eines lockigen kleinen Bruders hinwiesen, der das Familienidyll vervollständigte.

Am Ende ging eine Tür auf, und Anne Ramsay kam aus einer geräumigen Küche auf sie zu. Gleichzeitig hielt ein silberfarbener Passat vor dem Haus, und der Fahrer stieg eilig aus, als wollte er unbedingt als Erster bei Tron und Jasmine sein.

Nach einer flüchtigen Begrüßung bat Anne sie in die Küche. Sie ließ den Besuch vorgehen und fragte ihren Mann mit fast vorwurfsvoller Neugier, was er schon zu Hause machte.

»Ich hab doch gesagt, ich mache früher Schluss, damit ich rechtzeitig da bin.«

»Ja, aber das musste wirklich nicht sein. Ich schaff das alleine, das weißt du doch.«

Jasmine fiel eine spezielle Spannung zwischen den beiden auf. Nämlich die Spannung zwischen zwei Leuten, die weder sich noch sonst wem eingestehen wollen, dass es eine Spannung gibt. Nicht aggressiv, nicht kochend, ohne Wut und Ärger, aber wenn man es erst bemerkt hatte, sah man gar nichts anderes mehr.

Annes Mann hieß Neil Caldwell, wie Jasmine den Briefumschlägen auf einer Küchenarbeitsplatte entnahm. Er trug Hemd und Krawatte, worin er sich aber sichtlich unwohl fühlte. Anne Ramsay dagegen war ziemlich locker angezogen, sah aber trotzdem völlig zugeknöpft aus. Sie trug eine luftige Hose und ein T-Shirt, aber Jasmine hatte den Eindruck, dass formellere Kleidung besser zu ihr passte, wie zu ihrem Mann informelle.

»Also, was haben Sie für uns?«, fragte Caldwell eilig, bevor den beiden auch nur ein Stuhl am Küchentisch angeboten worden war.

Auf einem Teller lag noch die Kruste eines Marmeladenbrots, die das kleine Mädchen wohl zurückgelassen hatte. Mitten auf dem Tisch warteten drei Hot-Wheels-Autos in einer Reihe vor dem Zuckerschalen-Kreisverkehr.

Anne schaute ihren Mann genervt an; er sollte wohl erst mal die Klappe halten. Sie schlug vor, dass sie sich setzten. Jasmine blieb bei ihren ersten Worten lieber stehen, weil sie sich dann weniger erbärmlich vorkam.

»Zuerst möchte ich mich entschuldigen: Jim Sharp hätte sich Anfang der Woche bei Ihnen melden sollen, womit wir auch schon beim Grund unseres Besuchs wären. Jim ist am Montag nicht zur Arbeit gekommen, und wir wissen nicht, wo er ist.«

Anne wirkte im ersten Augenblick völlig niedergeschlagen und dann etwas besorgt.



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