Wer liest, kommt weiter by Denk Friedrich

Wer liest, kommt weiter by Denk Friedrich

Autor:Denk, Friedrich [Denk, Friedrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
Herausgeber: Gütersloher Verlagshaus
veröffentlicht: 2013-04-28T22:00:00+00:00


19. Das Angebot der Buchreligionen

Ich lese die Bibel, ich lese sie laut, kapitelweise, aber ohne auszusetzen, Hiob und die Könige. Sie ist unvergleichlich schön, stark, aber ein böses Buch. So der 18 jährige Bertolt Brecht in einer Tagebuchnotiz vom 20. Oktober 1916. Zwölf Jahre später antwortete er auf die Frage Welches Buch hat Ihnen in Ihrem Leben den größten Eindruck gemacht? im Ullstein-Magazin Die Dame: »Sie werden lachen: die Bibel.«

Wie ist das möglich bei einem erklärten Atheisten? Zuerst einmal ist die Bibel eigentlich gar kein Buch, sondern eine Bibliothek aus 24 Büchern bei den Juden, 48 bei den Protestanten, 55 bei den Katholiken und 59 bei den orthodoxen Christen.

Die jüdische Bibel, der Tanach, wurde um 100 vor Christus kanonisiert, d.h. festgelegt. Die frühen Christen fügten außer dem Neuen Testament Schriften hinzu, die es nur in der griechischen Bibelübersetzung gab, der Septuaginta, zum Beispiel das Buch Judith, das Buch der Weisheit und Jesus Sirach, die in der Lutherbibel wiederum fehlen.

Das Wort Bibel kommt vom Plural »biblía« (= Bücher) des griechischen Neutrums »to biblíon«, das Buch. Dieses Wort »biblia« wurde im Lateinischen für den Singular eines Femininums gehalten, daher »la bibbia«, »la bible«, »die Bibel«.

Die Formulierung »das Buch der Bücher« entspricht also der Tatsache, daß die Bibel eine Sammlung der besten Bücher aus fast 1000 Jahren jüdischer Geschichte und Literatur ist. Die Geschichten von Jakob und Esau, von Joseph und seinen Brüdern, das Buch Hiob oder das Buch Ruth sind so etwas wie Novellen von höchster Eindringlichkeit, die Psalmen oder das Buch Kohelet grandiose Poesie, die geschichtlichen Bücher auch 2500 Jahre später noch unmittelbar ansprechend.

Deshalb gab es keine Epoche in der Geschichte Europas, in der sich nicht die größten Dichter, Künstler und Musiker, selbst Atheisten, mit der Bibel auseinandergesetzt haben. Auch heute wird die Bibel noch oft empfohlen.

Dennoch verlieren die christlichen Kirchen ständig an Gläubigen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sind es der Zölibat und die römische Hierarchie? Doch auch die reformierten Kirchen leeren sich. Sind es die Defizite, die Friedrich Wilhelm Graf in seinem Buch Kirchendämmerung (2011) nennt, u.a. der Moralismus und die Selbstherrlichkeit mancher Würdenträger?

Zwei ganz wichtige Gründe sind die gleichen, die auch für den Niedergang der Lesekultur verantwortlich sind:

Der erste Grund ist der eklatante Zeitmangel in einer von den visuellen Medien und vom Konsum bestimmten Gesellschaft. Da fehlt dann die Zeit für manches andere. Der zweite Grund hängt damit zusammen: der Übergang von einer zuhörenden zu einer zuschauenden Gesellschaft. Was soll das heißen?

Die drei monotheistischen Religionen sind Religionen des Wortes, und das Wort muß gehört werden. Das tägliche Morgen- und Abendgebet der Juden, das Schma Jisrael, beginnt so:



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.