Was man von hier aus sehen kann by Mariana Leky

Was man von hier aus sehen kann by Mariana Leky

Autor:Mariana Leky [Leky, Mariana]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
ISBN: 9783832189624
Herausgeber: DUMONT Buchverlag


Efeu aus Elsbeths Sicht

»Luise bekommt demnächst Besuch aus Japan«, sagte im Oktober Selma zu Elsbeth und band ihr auf die Seele, es nicht weiterzusagen, weil sie nicht wusste, ob mir das recht war, und die Bänder um Elsbeths Seele hielten genau bis zum Einzelhändler.

Elsbeth hatte dem Einzelhändler einen Herbsttraum meiner Mutter vorbeigebracht, weil der Einzelhändler sein Geschäft neuerdings gern jahreszeitlich dekorierte. Außerdem brauchte sie eine Mausefalle. Der Einzelhändler war gerade dabei, die Alkoholika in das Regal gleich neben der Kasse zu sortieren, um sie künftig besser im Blick zu haben, die Zwillinge aus dem Oberdorf hatten wiederholt Schnaps geklaut.

»Wenn man Friedhofserde in einer Pfanne brät, gibt der Dieb sein Diebesgut zurück«, erzählte Elsbeth. »Du könntest aber auch einfach Mausefallen zwischen die Flaschen legen. Ich bräuchte übrigens eine.«

Als der Einzelhändler die Falle geholt hatte und Elsbeth fragte, wie es ihr so ginge, platzte es aus Elsbeth heraus. »Luise bekommt Besuch aus Japan«, sagte sie, »von einem buddhistischen Mönch.«

»Das ist ja ein Ding«, sagte der Einzelhändler und ging mit Elsbeth zur Kasse, »leben die eigentlich zölibatär?«

»Keine Ahnung«, sagte Elsbeth und prüfte die Mausefalle, es war eine, die Mäusen das Genick brach, »ich jedenfalls schon.«

»Das wäre gut zu wissen«, sagte der Einzelhändler, »falls Luise in ihn verliebt ist.«

»Wer lebt zölibatär?«, fragte Bauer Häubels Enkelin, die gerade den Laden betreten hatte.

»Ich«, sagte Elsbeth.

»Und der Mönch aus Japan, in den Luise verliebt ist«, ergänzte der Einzelhändler, während er Elsbeth das Geld für den Herbsttraum in die Hand zählte.

»Er muss wahnsinnig gut aussehen«, sagte Elsbeth.

»Dann lebt er bestimmt nicht zölibatär«, sagte Bauer Häubels Enkelin, und Elsbeth sagte entrüstet, dass das ja wohl nichts mit dem Aussehen zu tun habe.

»Woher weißt du das?«, fragte der Einzelhändler. »Hast du ihn schon gesehen? Gibt es Fotos?«

»Leider nein«, sagte Elsbeth, »aber Luise hat es Selma so gesagt.«

Der Optiker kam dazu, er hatte eine Packung tiefgefrorenen Fischauflauf in der Hand, der genau für eine Person reichte, und Wärmepflaster für den Rücken. »Hört mal kurz zu«, sagte er. »Wenn wir etwas anschauen, kann es aus unserer Sicht verschwinden, aber wenn wir nicht versuchen, es zu sehen, kann dieses Etwas nicht verschwinden. Versteht ihr das?«

»Das ist die originellste Rechtfertigung für Ladendiebstahl, die ich je gehört habe«, sagte der Einzelhändler.

Elsbeth hielt dem Optiker die Mausefalle hin. »Wusstest du eigentlich, dass tote Mäuse gegen Augenleiden helfen?«, fragte sie. »Ich kann sie dir ins Geschäft bringen, wenn ich sie erwischt habe.«

»Danke, nein«, sagte der Optiker.

»Luise liebt einen Buddhisten, der nicht zölibatär in Japan lebt und uns in drei Wochen besucht«, sagte Bauer Häubels Enkelin.

»Ich sage dazu nichts«, sagte der Optiker. »Das ist Luises Sache. Habt ihr nichts anderes zu tun, als euch in Luises Angelegenheiten zu mischen?«

»Nein«, sagten der Einzelhändler und Bauer Häubels Enkelin gleichzeitig.

»Leider«, fügte Elsbeth hinzu.

Der Optiker seufzte. »Das mit der Liebe halte ich für übertrieben«, sagte er, »sie kennt ihn doch kaum.«

»Man muss jemanden doch nicht kennen, um ihn zu lieben«, sagte Elsbeth.

»Weißt du noch mehr?«, fragte Bauer Häubels Enkelin. »Natürlich«, sagte der Optiker, der irrtümlich glaubte, dass sie nicht mehr über den Buddhisten, sondern über den Buddhismus wissen wollte, und räusperte sich.



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