Wenn der Rechte kommt by Anny von Panhuys

Wenn der Rechte kommt by Anny von Panhuys

Autor:Anny von Panhuys [Panhuys, Anny von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-06-05T00:00:00+00:00


* * *

Inspektor Jürgen fand, der Turm war eigentlich ein sehr interessanter Aufenthaltsort. Früher hatte er das gar nicht gewußt. Das Sprachrohr war allereinfachster Konstruktion, und schon viel über hundert Jahre mochte es her sein, seit es angelegt worden war. Weshalb man es anlegte und wer es getan, das waren Fragen, die wohl keine Antwort mehr finden würden. Und es lag ja auch nichts daran, es zu wissen. Ein Segen war, daß es bestand, weil es zum Warner geworden.

Der Inspektor hatte schon so manches Gespräch des Ehepaares vom Turm aus belauscht. Nicht immer kamen die Worte deutlich zu ihm, manche schoben sich zerrissen und unverständlich aus der Kreuzesmitte und erstarben in wirrem Murmeln, ehe sie sich noch zum Sinn zusammengefunden hatten. Wahrscheinlich befanden sich die Sprechenden dann nicht in der Nähe des Sprachrohres, das im Wendtschen Wohnzimmer irgendwo mündete beziehungsweise begann. Vermutlich hinter der alten, geschnitzten Holzvertäfelung.

Am letzten Februartage schlich er sich wieder in den Turm. Er hatte kurz vorher Fritz Wendt vom Hofe gehen sehen. Wahrscheinlich fuhr der, wie fast täglich, mit der elektrischen Bahn nach Frankfurt.

Jürgen hatte die Tür zum Turm hinter sich abgeschlossen, er durfte sich nicht der Gefahr aussetzen, beim Lauschen überrascht zu werden, denn außer Brigitte, seiner Frau und der Kramer wußte niemand um das Geheimnis, das der alte Turm bisher so sorgfältig geborgen. Heute klangen die Stimmen klar.

Karl Wendt sagte eben brummend: „Nun ist der Faulenzer wieder losgezogen. Ich muß dir sagen, Mathilde, du verdirbst den Bengel in Grund und Boden und stehst ihm in allem viel zuviel bei. Fritz verläßt sich darauf. Will er sich vielleicht nun lebenslänglich auf die Bärenhaut legen und von den Dummheiten ausruhen, die er in seinem Leben schon alle begangen hat?“

Seine Frau antwortete ungeduldig und anscheinend ärgerlich: „Hast auch fortwährend was an Fritz auszusetzen. Wozu soll er denn wie ein Kuli arbeiten? Du hast dich ja auch nicht allzusehr angestrengt bisher. Hast als Schullehrer so gefaulenzt, bis man dich hinauswarf. Und als Häuseragent? Gott behüte, da hast du’s auch nur mit Schwindeleien und Erpressungen zustande gebracht, daß wir uns leidlich über Wasser hielten, und du hast mehr Glück als Verstand gehabt, daß du niemals für deine Gaunerstreiche eingelocht worden bist.“

„Verdammtes Weib, halte dein ungewaschenes Maul!“ schrie es durch das Sprachrohr. „Bist in letzter Zeit überhaupt ekelhaft frech und dreist.“ Die Stimme ward leiser. „Meinst wohl, du wärest schon die Gutsherrin, setzest dich deshalb aufs hohe Pferd. Nee, meine Liebe, noch ist es nicht soweit. Und wenn ihr beide, du und dein Sohn, mir zuviel macht, dann streike ich. Fritz ist ja, was ich anerkenne, überhaupt bescheidener jetzt als du.“

„Mein Sohn ist auch dein Sohn“, lachte die Frau, „er wäre auch sehr töricht, wenn er gegen meinen Plan sein wollte. Was liegt an so einer wie Brigitte! Die vermißt niemand, nach der sehnt sich niemand, und wir drei könnten leben!“ Leidenschaft schwang in der Stimme. „Wir könnten endlich einmal leben, wie es schon das Ideal meiner Kinderphantasie war! Immer haben wir in engen Wohnungen gehaust, immer haben wir überlegen



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