Welchen soll ich nehmen? by Heller Eva

Welchen soll ich nehmen? by Heller Eva

Autor:Heller, Eva [Heller, Eva]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Dann musste ich feststellen, dass ein Paar-Haushalt nicht billiger ist als ein Single-Haushalt. Jedenfalls nicht für mich. Was ich an Miete sparte, gab ich aus, um unseren Kühlschrank zu füllen. Steffen kam nie auf die Idee einzukaufen, früher hatte seine Mutter das gemacht.

Als ich seine Mutter fragte, wo in der Nähe ein Schuhmacher ist, gab sie mir zwei Paar von Papa mit. Ich sagte: »Zahle ich, weil ich ja keine Miete zahle.« Und weil ich keine Ahnung hatte, wie teuer Besohlen ist. Und ich hatte ein teures Nachnahme-Paket bezahlt, Ersatzteile für den guten alten Staubsauber, seine Mutter glaubte, ich wolle die Bratengeiers für meine Staubsaugerabnutzung entschädigen, und gab mir das Geld nicht zurück.

Irgendwann sagte ich Steffen, dass es so nicht weitergeht. Ich rechnete ihm vor: Wenn er sich an den Einkäufen beteiligte, würde seine Mutter ihr Geld sparen, und da er eines Tages alles erbte, lief es für ihn am Ende aufs Gleiche raus. Er sagte, ich soll nicht so viel einkaufen. Ich soll nicht alles komplizieren. Und es dauere eben, bis sich seine Mutter an die neuen Umstände gewöhnt hätte. Immerhin brachte sie sein Frühstück nicht mehr ans Bett, es stand jetzt unten in ihrer Küche bereit. Es war schon ein großer Fortschritt, dass sie morgens nicht mehr in die Wohnung kam.

Also wartete ich auf die Zukunft. In diesem Haus warteten alle auf die Zukunft. Im Wohnzimmer seiner Eltern hing ein Brettchen mit dem schnörklig eingebrannten Spruch »Alles braucht seine Zeit«. Leute wie seine Eltern, die bei Behörden arbeiten, haben die Wartezeit erfunden.

Außerdem ist seine Mutter ziemlich gläubige Katholikin. Nicht nur im Hausflur, auch überm Fernseher hängt ein Kruzifix. Zusätzlich auf dem Fernseher ein Quarzkristall zur Abschreckung jener Dämonen, die gegen Kruzifixe immun sind. Für Steffens Mutter ist alles gottgewollt. Da denkt sie natürlich in großen Zeiträumen. Nun wartet sie nur noch zwei Jahre auf die Pensionierung ihres Mannes und ihre eigene Frühpensionierung. Dann wirds ganz großartig: Dann werden sie bauen. Das ist ein angeborener Trieb, Schwaben müssen ein Häusle bauen.

Und zwar bauen sie hinterm Haus, in ihrem Gemüsegarten. Obwohl das Grundstück winzig ist, haben es die Bratengeiers geschafft, eine Baugenehmigung zu bekommen. Darauf sind sie mächtig stolz, denn wenn ein Gemüsegarten zum Bauland wird, verzehnfacht das den Preis. Und sie kennen einen pensionierten Architekten und einen pensionierten Installateur, mit denen spielt Herr Bratengeier einmal in der Woche Skat, und alle freuen sich darauf, dieses Haus zu basteln.

Und dann, sagte seine Mutter, kann ich mich ins gemachte Nest setzen. Ein gemachtes Nest ist eine feine Sache für ein Huhn. Aber ich will kein Nest, das nach Fichtennadelraumspray stinkt. Und ich bin kein Huhn.



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