Wanderjahre in Italien by Ferdinand Gregorovius

Wanderjahre in Italien by Ferdinand Gregorovius

Autor:Ferdinand Gregorovius
Format: epub
Tags: tractate
Herausgeber: C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung


Idyllen vom lateinischen Ufer

1854

Das lateinische Meeresufer liegt nur fünf Stunden von Rom entfernt; dreimal in der Woche führt ein Omnibus Gäste dahin, welche sich einige Tage in Porto d'Anzio oder in Nettuno vergnügen wollen, oder solche, die dort Bäder nehmen oder sich nach Neapel einschiffen. Wie zu den Zeiten der Kaiser sind noch heute jene Ufer Vergnügungsorte der Römer, und es gehört zum römischen Leben, einmal nach Antium zu fahren, wie nach Frascati, Tivoli und Albano, um für eine Zeit Rom zu vergessen. Denn selbst die herrlichste Stadt der Erde kann ermüden.

Ich fühlte das recht gegen Ende des Frühjahrs 1854, nachdem der Schirokko, der Plagegeist Roms, fast acht Wochen lang auf der Stadt gelegen hatte, und als ich nun am 24. Juni früh um 5 Uhr aus Rom mich aufmachte, hatte ich das heiterste Gefühl wirklicher Befreiung. Es war ein sonniger Morgen, das Volk schon auf den Straßen; Blumen in den Händen, zogen sie nach dem Lateran, wo der schöne Platz einem Blumenmarkt glich. Denn heute war das Fest Sankt Johann, eins der lebhaftesten Roms.

Draußen aber auf der Campagna wehte die weichste Luft über die schimmernde Grasebene und die jüngst gesichelten Weizenfelder, welche dieses Jahr zwanzigfältig getragen haben.

Die Fahrt geht fünf Stunden lang meerwärts unterhalb des Albaner Gebirges hin. In Fontana di Papa wird gehalten. Dies ist eine einsame Schenke zwischen Weinbergen und heißt so von einem von Innocenz XII. angelegten Brunnen. Auch pflegt der Papst dort zu rasten, wenn er im Monat Mai an den lateinischen Strand zieht, in seiner Villa zu Porto d'Anzio die Meereskühle zu genießen.

Da herrscht nun das bunteste Leben. Man sitzt an den Tischen umher und verspeist Makkaroni oder vortreffliche Eierkuchen und trinkt den schlechtesten Wein dazu. Alle Augenblicke kommt eine Karosse oder ein Reiter, ein Trupp Sbirren, welcher den Wald durchstreift hat, und von denen der eine sich laut rühmt, gestern einen Räuber erschossen zu haben. Eben langt von Anzio ein Zug Galeerensklaven an; sie sitzen paarweise gefesselt auf einem Karren, mitunter schöne junge Leute, sauber gekleidet, mit einem Strohhut, weißem Hemdkragen und flatterndem seidenen Halstuch, denn diese Galeoten werden in Rom losgesprochen. Man bringt ihnen Wein und Zigarren, die Sbirren stehen mit geschultertem Gewehr neben ihnen und lassen sich gleichfalls einschenken. Dies sind die Szenen aus Fontana di Papa.

Nun geht es zwei Stunden lang durch den Buschwald fort, welcher die Pontinischen Sümpfe bis gegen Terracina begleitet, meerentlang die Küste bedeckt, und bevölkert wird vom Eber, vom Stachelschwein, vom Büffel und Stier, vom Fieber und vom Räuber, der aus dem Wald auf die Appische Straße streift, den Reisenden bei Cisterna oder bei Forappio oder unter dem Felsen von Terracina auszuplündern.

Apollo vom Belvedere



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