Die Welt zur Zeit Jesu by Werner Dahlheim

Die Welt zur Zeit Jesu by Werner Dahlheim

Autor:Werner Dahlheim
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C H Beck Verlag


Die Städte des Reiches

Rom war der Nabel, nicht aber die ganze Welt. Doch auch dort galt nun das Gesetz, das Rom verwandelt hatte: Die Macht des Reiches und des Kaisers hatte sich im monumentalen Prunk der Städte zu spiegeln. «Wenn ich die Größe Deiner Stellung und Deines Geistes betrachte», verneigte sich Plinius vor seinem Kaiser Trajan, «so scheint es mir angemessen, dir Bauten in den Provinzen vorzuschlagen, die deiner Unsterblichkeit und deines Ruhmes würdig sind und ebenso schön wie nützlich sein werden.» Der Gedanke war neu. Die Großen der Republik waren außerhalb Italiens nur selten als Bauherrn aufgetreten und hatten mit großem Misstrauen jene verfolgt, die wie Caesar «die mächtigsten Städte Italiens, der beiden Gallien und Spanien, auch die Asiens und Griechenlands mit prächtigen Bauwerken» ausstatteten. Sueton fügte hinzu, «man fragte sich, worauf dies alles abziele». Seit Augustus fragte niemand mehr. Denn der «Bewahrer des Menschengeschlechts» (conservator generis humani) und der «Vater des Erdkreises» (pater orbis) tat, was ihm beliebte, und seine Günstlinge waren ihm dankbar. Geld im großen Stile auszugeben, gestatteten über Jahre hinaus die Goldminen Spaniens und die Schatzkammern Ägyptens, das Augustus nach der Eroberung dem kaiserlichen Privatbesitz zugeschlagen hatte.[58]

Natürlich bekam nicht jeder den gleichen Anteil. Die Monarchen maßen ihre Gunst nach Verdienst zu und legten ihre strafende Hand schwer auf die Städte, die es an Bekundungen ihrer Loyalität fehlen ließen. Alle bekannten sich aber zu der Pflicht, ihre Legitimation und die des Reiches in immer kühneren Konstruktionen Stein werden zu lassen. Sie versicherten den Untertanen, dass das Wohl der Städte das ihre sei. Ein barockes Zeitalter mit gleichförmigen Kolonnadenfluchten, mächtigen Torbauten, öffentlichen Plätzen und gewagten Bögen begann und sprach von der Zuversicht, dass die Götter mit Rom waren. «Ich sehe», freute sich ein Lobredner über die Wiedergeburt Triers noch zu Beginn des 4. Jahrhunderts, «einen Circus Maximus, der mit dem römischen wettzueifern scheint, ich sehe Basiliken und ein Forum, königliche Bauwerke, und den Sitz der Gerechtigkeit. Sie erheben sich zu solcher Höhe, dass sie schier den Sternen und dem Himmel nahe und ihrer würdig zu sein verheißen.»[59]

Bereits der Ton dieses Hymnus bezeugt, dass sich zwischen Monarch und Untertan eine Distanz aufgetan hatte, die unter der Kuppel des Pantheons zum ersten Mal ausgemessen wurde und schließlich im Kniefall vor dem Thron ihren endgültigen symbolischen Ausdruck fand. Der Himmel wollte es so, erklärten die Kaiser des 3. Jahrhunderts, die ihren Machtanspruch in ein neues religiöses Weltbild einbetteten. Der auserwählte Gott, auf den sie sich beriefen – mochte er zunächst der unbesiegbare Sonnengott oder später der am Kreuz gestorbene Jude sein –, beanspruchte innerhalb des Kosmos wie sie auf Erden die alleinige Herrschaft und legitimierte die parallele Ordnung der irdischen Welt. Es sei ein Irrtum zu glauben, rief Kaiser Aurelian (270 bis 275) meuternden Truppen zu, sein Schicksal liege in ihren Händen; der Gott, der ihm den Purpur verliehen habe, bestimme ganz allein über die Dauer seiner Herrschaft. Dieses Verfügungsrecht über den Thron nahm sich nicht minder entschlossen der Gott der Christen: Auch er verdammte den Aufruhr gegen seine Kaiserwahl als Sünde.



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