Waldfriede 03 - Sturmtage - Die Schwestern vom Waldfriede by Bomann Corina

Waldfriede 03 - Sturmtage - Die Schwestern vom Waldfriede by Bomann Corina

Autor:Bomann, Corina [Bomann, Corina]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Verlag
veröffentlicht: 2022-12-28T00:00:00+00:00


44. Kapitel

Helene hätte es nicht für möglich gehalten, dass dieser Tag noch schlimmer werden konnte. Für eine Weile war sie unfähig, sich zu rühren. Sie konnte nur in Timos Gesicht schauen, in seine schönen blauen Augen, die so voller Traurigkeit und Verzweiflung waren. Gleichzeitig fühlte sie sich, als würde ihr Innerstes auseinanderreißen.

Ihr schlimmster Albtraum war Wirklichkeit geworden!

Als Timo laut aufschluchzte, ließ auch sie ihrem Kummer freien Lauf. Sie schloss ihn in die Arme und hielt ihn beinahe schon verzweifelt, während ihr die Tränen vom Gesicht liefen.

Eine ganze Weile standen sie so im Hausflur, bis Timo sich schließlich wieder beruhigte.

»Wir sollten nach oben gehen«, näselte er. »Da können wir über alles reden.«

Helene wischte sich mit der flachen Hand über die Wangen, doch sie konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Timo nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich die Treppe hinauf.

Glücklicherweise schien die Frau, bei der er zur Untermiete wohnte, nicht anwesend zu sein. Der Duft nach Kohlrüben hing wohl noch vom Mittagessen im Flur und bereitete Helene Übelkeit. In ihren Ohren rauschte es, und Schwindel erfasste sie. Für einen Moment schien die gesamte Wohnung zu schwanken.

Timo platzierte sie auf dem Bett, setzte sich neben sie und legte den Arm um sie. Er fühlte sich so stark, so warm an. Was sollte sie nur tun, wenn er nicht mehr da war?

Eine ganze Weile sagte keiner etwas.

»Wir sollten heiraten«, brachte Helene schließlich hervor. Ihre Stimme klang fremd in ihren Ohren. »Wer weiß, ob wir …« Ein neuer Schwall Tränen ertränkte ihre Worte. Helene zog ein Taschentuch aus ihrer Rocktasche und tupfte sich über die Augen.

»Nein«, sagte er leise, während er sanft ihren Rücken streichelte. Er schien sich nun wieder gefangen zu haben. »Ich will dich nicht zur Witwe machen.«

Helene presste die Lippen zusammen. Sie fühlte sich hilflos, hätte ihn in diesem Moment am liebsten weit weggebracht, an einen Ort, an dem ihm nicht der Tod drohte. Doch das konnte sie nicht.

Timo spürte ihre Enttäuschung, kam zu ihr und nahm sie in seine Arme.

»Ich liebe dich, Helene, und ich verspreche, dass ich zurückkehren werde. Aber wir sollten vernünftig sein. Wenn wieder Frieden ist, wenn ich zurückkehre, dann heiraten wir.«

Helene schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. »Ich will dich nicht verlieren. Und ich will nicht, dass du fortgehst.«

»Daran würde auch eine Hochzeit nichts ändern«, sagte Timo, während er ihr über den Rücken streichelte. Dann löste er eine Hand von ihr und griff in die Hosentasche. »Schau mal.«

Helene zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Was ist das?«

»Das ist ein Ring meiner Großmutter aus Amerika. Ich habe ihn vorhin von meinen Eltern geholt.«

»Aber ich dachte …«

»Dieser Ring ist mein Versprechen an dich«, sagte er sanft. »Mein Versprechen, zurückzukehren. Mein Versprechen, zu überleben. Und dich zu meiner Frau zu machen, wenn ich zurückkehre.«

Helene betrachtete den Ring, und in ihrer Brust rang die Enttäuschung mit der Angst um ihn. Sie wollte ihn nicht verlieren, doch sie sah ein, dass eine Heirat ihn nicht vor dem Krieg bewahren würde. Sie musste darauf vertrauen, dass er zurückkehrte. Dass er sein Versprechen hielt.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.