Von Träumen entführt ( Short Story ) by Amy Plum

Von Träumen entführt ( Short Story ) by Amy Plum

Autor:Amy Plum [Amy Plum]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik für Kinder und Jugend
ISBN: 9783732000883
Herausgeber: Loewe Verlag
veröffentlicht: 2013-12-31T16:00:00+00:00


Kapitel 9

In den Morgenstunden am Wochenende liegt der Park gegenüber Kates Apartmenthaus verlassen da. Die schlafen sicher alle aus, denke ich. Eine Stunde lang lasse ich nur eine Handvoll Tauben, ein paar Krähen und die ganze Palette an Herbstfarben auf mich wirken, in denen sich die Blätter an diesem kühlen Samstagmorgen präsentieren. Nach einer Weile gelingt es der Bäckerei auf der anderen Straßenseite dann doch, mich mit ihren warmen, verlockenden Gerüchen aus meinem Versteck zu locken. Ich kaufe mir ein pain au chocolat und genieße alles daran, besonders wie die eingebackene Schokolade in meinem Mund schmilzt.

Ich warte eine weitere Stunde, bis Kate endlich in der Haustür erscheint. Dann folge ich ihr ins – Überraschung – Café Sainte-Lucie. Die Kellnerin begrüßt sie und führt sie an einen Tisch am Fenster. Um nicht den Anschein zu erwecken, ich wäre ihr nachgelaufen, flaniere ich noch eine halbe Stunde durch die Gegend, bevor ich zum Café zurückkehre. Fast lautlos gehe ich an ihren Tisch und sinke auf den Stuhl, der ihr gegenübersteht. Sie ist so gefesselt von Der Fänger im Roggen, dass sie mich nicht einmal bemerkt. Ich warte ab. Als sie das nächste Mal umblättert, lässt sie kurz den Blick durch das Lokal schweifen, kaum landet er auf mir, fällt sie beinahe vom Stuhl.

Mein Herz macht einen Purzelbaum. Ich versinke fast in diesen unfassbar schönen Augen und muss mich überirdisch beherrschen, sie nicht an der Hand zu berühren. Ich überlege, wie ich mich ihr präsentieren soll, gehe meine verschiedenen Gesichter durch und setze ein schiefes Lächeln auf. »Also, Miss America«, sage ich, »du hast wirklich geglaubt, du könntest einfach verschwinden und uns alle im Stich lassen? Na, da hast du dich aber gewaltig getäuscht.«

An ihrem Gesicht lese ich ab, dass sie sich freut – sogar erleichtert ist –, mich zu sehen. Gleichzeitig beschleunigt mein Herz um sicher zehn Schläge die Millisekunde. Ich fahre mir mit der Hand durchs Haar, in dem Versuch, mich zu beruhigen. Fast könnte man das nervös nennen. Was zum Teufel ist denn nur los mit mir?

»Habt ihr Typen nichts Besseres zu tun? Verfolgt ihr mich neuerdings? Gestern Abend Charles und heute du!«

Moment, was war das? »Du hast Charles gesehen?«, frage ich überrascht.

»Ja, er war in dem Club, in dem ich gestern war. In der Nähe von Oberkampf«, sagt sie. Ihre Augen werden schmal, als sie merkt, wie sehr mich diese Information erstaunt.

»Was für ein Club?«, frage ich.

»Kann ich dir gar nicht sagen, das weiß ich nicht. Es gab kein Schild oder so. Georgia und ihre Leute haben mich mitgeschleppt.«

Ich bekomme ein ganz komisches Gefühl bei der Vorstellung, dass Charles noch in Paris ist, aber seinen Anverwandten so nachhaltig aus dem Weg geht. »Hat er mit dir gesprochen?«, frage ich.

»Nein, ich war auf dem Weg nach Hause, als ich ihn draußen stehen sah. Wieso?«

Sie sieht verwirrt aus, weshalb ich das Gespräch lieber auf das Thema lenke, wegen dem ich hier bin. »Und, wann kommst du mal wieder vorbei?«

Ihre Miene wird leer. »Ich kann nicht, Jules.«

»Was kannst du nicht?«, bohre ich nach.



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