Vom Kaiser zum Duce by Frank Wiggermann

Vom Kaiser zum Duce by Frank Wiggermann

Autor:Frank Wiggermann
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Haymon
veröffentlicht: 2017-04-23T16:00:00+00:00


Nach dem Ersten Weltkrieg fehlten Istrien alle Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Die periphere Lage der Halbinsel und die mangelhafte Infrastruktur – sei es die fehlende Versorgung mit Wasser oder das schadhafte Straßennetz – stellten Istrien ins Abseits eines vom Krieg geschwächten Siegerstaates Italien.146

Das Königreich, und damit auch Istrien, durchlief verschiedene konjunkturelle Phasen147: 1919 bis 1921 die Krise der unmittelbaren Nachkriegszeit und die Polarisierung zwischen Sozialisten und Faschisten, daraufhin in den ersten Jahren der Regierung Mussolini (1922 bis 1925) einen allgemeinen Aufschwung (allerdings nicht in Pola) und den Beginn der staatlichen (italienweiten) Kampagne, versumpfte Gebiete zu entwässern und urbar zu machen (bonifiche, später auch des istrischen Lago d’Arsa). 1926 brach die Konjunktur ein: Die Aufwertung der Lira italiana, von Mussolini selbst entschieden148, traf die global operierende italienische Schifffahrt von Triest schwer149, und sie vertrieb – kaum war die Hotellerie in Portorose (bei Pirano) und in Abbazia (der Nordosten der Halbinsel Istrien gehörte mittlerweile zur neuen Provinz Fiume) wieder aufgeblüht – auch die ausländischen Touristen. Trotz der 600 Kurgäste, die in den fünf stattlichen Hotels der Insel Brioni absteigen konnten und gelegentlich zur Stadt auf das Festland übersetzten, konnte von einem selbstständigen Fremdenverkehr in Pola überhaupt nicht die Rede sein.150

1928 und 1929 folgten eher ruhige Jahre, bevor die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zur allgemeinen Deflation in der italienischen Ökonomie führten. In den Jahren 1930 bis 1934, den schlimmsten seit dem Weltkrieg, bildeten die öffentlichen Arbeiten nahezu die einzig mögliche Investition. Das faschistische Regime bewahrte die große Mehrheit der Italiener vor dem verheerendsten Elend, indem es die Masse mit einer Mischung aus Arbeitsbeschaffung und sozialen Wohltaten ruhigstellte. In Istrien sollte der Bau des großen Acquedotto – unter Anwendung österreichischer Pläne151 – das Problem der Wasserversorgung in Zentral­istrien lösen.152 Die Trockenlegungen wurden fortgesetzt. Indem er Industrien und Banken rettete, avancierte der Staat zum größten Industriellen und Bankier Italiens. Der imperialistische Kolonialkrieg in Abessinien brachte 1935 bis 1938, weil Italien kräftig aufrüstete, einen wirtschaftlichen Aufschwung.153 Das Streben nach Autarkie stützte in Italien und Istrien – ebenso wie im nationalsozialistischen Deutschland – Industrien, die nicht (besonders) wettbewerbsfähig waren. Der Abbau von Bauxit in Istrien florierte (für die Rüstungsindustrie), genauso wie die Kohleförderung im Arsa-Gebiet, wo Mitte der 1930er Jahre in kurzer Zeit eine neue Arbeiterstadt, genannt Arsia, mit 10.000 Einwohnern und Straßen hochgezogen wurde.154 Die finanziellen Kosten der Diktatur und des Abessinienkriegs hatten die Italiener vorläufig ebenso wenig zu begleichen wie die Deutschen ihr Rüstungsprogramm unter Hitler.155

Die Entwicklungen in Istrien und Pola waren nach dem Kriegsende 1918/19 zunächst widersprüchlich. Einerseits strömten Arbeiter aus ganz Italien in das ehemals österreichische Küstenland, um eine Anstellung zu finden156, andererseits brauchte Italien das Seearsenal von Pola nicht.157 Die tönernen Füße der österreichischen Militärwirtschaft waren weggebrochen. Die Stadt fiel in eine lang anhaltende ökonomische Depression. Während nicht ortsansässige Arbeitssuchende von den lokalen Behörden wieder ausgewiesen wurden, konnten selbst viele einheimische (und aus dem Krieg heimgekehrte) istrische Männer nicht in ihre alten Brotberufe zurückkehren. Man muss sich ununterbrochene Migrationsströme nach Pola und von der Hafenstadt weg vorstellen.

In die Schlange derjenigen, die um



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