Vergissmeinnicht 02 - Was bisher verloren war by Gier Kerstin

Vergissmeinnicht 02 - Was bisher verloren war by Gier Kerstin

Autor:Gier, Kerstin [Gier, Kerstin]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104916002
Herausgeber: Fischer e-books
veröffentlicht: 2023-06-27T21:00:00+00:00


Matilda

Ich ließ Jeannes und Quinns Ärmel erst wieder los, als wir in das dichte Gebüsch hinter den Müllcontainern gekraxelt waren und in einer Lücke zwischen Kirschlorbeer und Scheinzypressen stehen blieben. Hier schallte der elektronische Alarm nicht ganz so laut, dafür hörte man die Sirenen der Feuerwehrfahrzeuge, die in diesem Moment auf der anderen Seite des Gebäudes auf den Schulhof fuhren. Das Fenster, durch das wir herausgeklettert waren, stand weit offen, es war also nur eine Frage der Zeit, bis man es bemerken und sich denken würde, dass wir hinten raus geflüchtet waren. Vom Schulhof aus sah man ganz sicher schon Rauch und Flammen aus dem Chemiesaal schlagen. Und wir hatten den Eingang mit unserem Keil verrammelt, das machte es nicht gerade leichter, hineinzukommen.

»Duckt euch«, befahl ich, während ich mich umdrehte, um zu kontrollieren, ob wir von der Feuertreppe aus zu sehen waren. Denn dort oben erschienen nun wie erwartet die Söhne des Nordens, der mit der Sturmhaube vorneweg, die beiden anderen direkt dahinter. Sie donnerten die Treppe hinunter, und einen Moment lang befürchtete ich, sie könnten sich ebenfalls ins Gebüsch schlagen, aber sie nahmen den Fußweg zur Klarastraße, den ich, wenn sie nur erst weg waren, auch für uns vorgesehen hatte.

Zu meiner Erleichterung wirkten die Killertypen unversehrt, sie lachten sogar und riefen einander etwas in einer Sprache zu, die vermutlich Norwegisch war. Aber als sie an den Müllcontainern vorbeirannten, ohne auch nur einen Blick in unsere Richtung zu werfen, sah ich mit einer gewissen Befriedigung, dass das Feuer nicht spurlos an ihnen vorübergegangen war: Der große, bullige Typ hatte jede Menge Ruß im Gesicht, und dem Wasserwerfer hatte es die glänzende Haarmähne versengt, und zwar komplett. Es waren nur einzelne kurze Haarbüschel übrig geblieben.

»Na, wer sieht denn jetzt wie ein begossenes Suppenhuhn aus, Kjell-Sigge? Wohl eher Brathähnchen«, murmelte Jeanne ihm schadenfroh hinterher.

Als die Blutdohlen über das Haus geflattert kamen, duckten wir uns noch tiefer in das schützende Gebüsch. Ich atmete erleichtert auf, als sie verschwunden waren.

Es war vorbei. Wir hatten es geschafft.

»Sollten wir nicht auch besser abhauen?«, fragte Quinn. Der Feueralarm war mittlerweile verstummt. »Nicht dass man uns noch für die Brandstifter hält.« Er grinste schief.

Und da dämmerte es mir erst so richtig.

Von wegen vorbei. Oh mein Gott.

Ich tauchte wieder hinter dem Busch ab, dieses Mal, weil mir die Knie weich wurden. Ich war eine Brandstifterin. Ich … ich hatte unsere Schule angezündet! Mein Mund wurde mit einem Schlag so trocken, dass ich kein Wort mehr herausbrachte.

»Ja, lasst uns verschwinden«, sagte Jeanne heiter. »Hier wimmelt es gleich von Feuerwehrleuten und Polizei.«

Na gut, genau genommen hatte Jeanne die Schule angezündet. Aber ich hatte es ihr befohlen. Weil ich gehofft hatte, dass dieser Wassertyp das Feuer instinktiv würde löschen wollen. Was er ja auch getan hatte – und dann … wow! Das hatte wirklich besser funktioniert, als ich zu hoffen gewagt hatte. Die Hitze, die von der Explosion ausgegangen war, hatte uns noch gestreift. Wir konnten froh sein, dass es die Tür nicht aus den Angeln gehoben hatte.

Weil ich mich nicht rührte, nahm Quinn meinen Arm.



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