Verbrechen und Strafe by Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
Autor:Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij [Dostojewskij, Fjodor Michajlowitsch]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Самиздат
veröffentlicht: 2011-01-05T00:00:00+00:00
Zweiter Band
Vierter Teil
I
Ist es wirklich eine Fortsetzung des Traumes? â dachte Raskolnikow noch einmal.
Vorsichtig und miÃtrauisch betrachtete er den unerwarteten Gast.
»Swidrigailow? Welch ein Unsinn! Es kann nicht sein!« sagte er schlieÃlich laut, ganz verständnislos.
Der Gast schien über diesen Ausruf gar nicht erstaunt.
»Ich bin aus zwei Gründen heraufgekommen; erstens wollte ich Sie persönlich kennenlernen, da ich schon längst viel Interessantes und Vorteilhaftes über Sie gehört habe, und zweitens bilde ich mir ein, daà Sie sich vielleicht nicht weigern werden, mir in meinem Unternehmen zu helfen, das direkt die Interessen Ihrer Schwester Awdotja Romanowna berührt. Mich selbst, ohne Empfehlung, wird sie vielleicht nicht über die Schwelle lassen, infolge eines Vorurteils, doch mit Ihrer Hilfe rechne ich.«
»Sie rechnen schlecht«, unterbrach ihn Raskolnikow.
»Die Damen sind doch erst gestern angekommen, wenn ich fragen darf?«
Raskolnikow gab keine Antwort.
»Gestern, ich weià es. Ich bin ja selbst erst vorgestern angekommen. Nun will ich Ihnen folgendes darüber sagen, Rodion Romanowitsch; mich zu rechtfertigen, halte ich für überflüssig, gestatten Sie mir aber, eines zu bemerken: was habe ich in dieser ganzen Sache verbrochen, natürlich wenn man es ohne Vorurteile, sondern vernünftig betrachtet?«
Raskolnikow fuhr fort, ihn schweigend zu betrachten.
»Daà ich in meinem Hause ein wehrloses junges Mädchen verfolgt und âºmit meinen gemeinen Anträgen beleidigtâ¹ habe, nicht wahr? (Ich nehme es selbst vorweg!) â Denken Sie doch nur daran, daà auch ich Mensch bin, et nihil humanum ... mit einem Worte, daà auch ich imstande bin, einer Versuchung zu unterliegen und mich zu verlieben (was natürlich nicht nach unserem Wunsche geschieht), â und dann läÃt sich alles auf die natürlichste Weise erklären. Dann ist es noch eine Frage: bin ich ein Scheusal oder selbst ein Opfer? Was, wenn ich ein Opfer bin? Indem ich dem Gegenstande meiner Leidenschaft den Vorschlag machte, mit mir nach Amerika oder in die Schweiz zu fliehen, hatte ich vielleicht die respektvollsten Gefühle und glaubte sogar unser gemeinsames Glück zu begründen! Die Vernunft dient doch der Leidenschaft; vielleicht richtete ich mich dabei selbst noch mehr zugrunde, ich bitte Sie! ...«
»Es handelt sich aber gar nicht darum«, unterbrach ihn Raskolnikow angeekelt. »Sie sind einfach widerlich, ob Sie recht haben oder nicht, man will mit Ihnen nichts zu tun haben und jagt Sie fort, also gehen Sie doch! ...«
Swidrigailow lachte plötzlich auf.
»Aber Sie ... Sie lassen sich nicht aus dem Konzept bringen!« sagte er und lachte auf die offenste Weise. »Ich wollte schon schwindeln, aber Sie haben gleich den richtigen Punkt getroffen!«
»Sie schwindeln auch jetzt.«
»Was ist denn dabei? Was ist denn dabei?« wiederholte Swidrigailow, aufrichtig lachend. »Es ist doch, was man so nennt, bonne guerre und eine durchaus erlaubte List! ... Sie haben mich aber unterbrochen; so oder anders, ich erkläre noch einmal: es hätte nicht die geringste Unannehmlichkeit gegeben, wenn nicht der Fall im Garten. Marfa Petrowna ...«
»Man sagt, Sie haben auch Marfa Petrowna umgebracht?« unterbrach ihn Raskolnikow grob.
»Sie haben auch davon schon gehört? Wie sollte man übrigens davon nicht hören ... Nun, was Ihre Frage betrifft, so weià ich wirklich nicht, was ich Ihnen darauf sagen soll, obwohl mein eigenes Gewissen in dieser Beziehung äuÃerst ruhig ist.
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