Venedig sehen und stehlen by Krischan Koch
Autor:Krischan Koch [Koch, Krischan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-02-14T16:00:00+00:00
12
Fast täglich statteten sie dem Guggenheim-Museum einen Besuch ab. Dort trafen sie auch Britt Benning und Hans-Dieter, die mit den Vorbereitungen der »Alarme-Rosso«-Veranstaltung beschäftigt waren.
»Ihr kommt doch zu unserer Performance?«, wiederholte Britt ihre Einladung. »Das dürft ihr euch nicht entgehen lassen!«
»Sure«, lachte Zoe und Harry nickte freundlich.
Dann widmeten sich die beiden intensiv und doch so unauffällig wie möglich den Videokameras, Gittern und Alarmanlagen. Die Schilder mit den Aufschriften Area Video Sorvegliata und Allarme Antincendio konnten sie nicht sonderlich beeindrucken. Und der nette ältere Herr in einer Art Uniform, der in dem denkmalgeschützten Bau als Museumsaufsicht fungierte, wirkte auch nicht besonders Furcht einflöÃend. Dass Zoe Grundrisse der Ausstellungsräume, der Eingänge, Flure und Toiletten anfertigte, schien ihm zumindest nicht aufzufallen. Sie hätte es sich allerdings schenken können: Die Guggenheim-Foundation war sogar so freundlich, eine Broschüre mit einem maÃstabgerechten Lageplan zur Verfügung zu stellen.
In aller Ruhe bereiteten die beiden ihren Coup vor.
Sie saÃen abends auf der Dachterrasse und tranken Sprizz. Ãber Tag war es dort trotz des Sonnenschirmes nicht auszuhalten. Harry fuhr mit dem Traghetto zum Campo della Pescaria und besorgte frischen Fisch, Sorten, die er nicht kannte, totano und dentice, Pfeilkalmar und Zahnbrasse. Er briet Rotbarben auf dem Herd, dessen Gasflamme immer wieder aussetzte, um dann plötzlich mit einem Puffen umso heftiger aufzuflammen. Auch das Ravioli-Teigholz, ein Nudelholz mit einer Metallprägung in Form der Teigtaschen, das sie in einem kleinen bis unter die Decke voll gestopften Haushaltswarenladen in Castello erstanden hatten, musste Harry sofort ausprobieren. Er versuchte sich an Fischravioli, die er in einer Zitronenbutter mit Kapern und Estragon schwenkte. Der Teig war noch etwas dick geraten. Aber Zoe war hin und weg.
Mittlerweile hatten sie auch Signora Schillaci in der Etage unter ihnen kennengelernt, eine kleine dürre Dame mit violetten Haaren und einer schweren Brille mit goldenen Applikationen. Sie war eine dieser älteren Damen, die sich mit aller Kraft gegen die Umstellung auf bequemeres Schuhwerk wehrten. Als sie Harry auf viel zu hohen Absätzen, die eine Hand krampfhaft am Geländer, in der anderen ein prall gefülltes Einkaufsnetz mit Thunfischkonserven im Treppenhaus entgegenzitterte, bot er ihr in Zeichensprache seine Hilfe an und trug ihr den Einkauf eine Etage höher. Jeden Nachmittag zur selben Zeit, gegen fünf, ging bei Signora Schillaci der Fernseher an. Es kam ihnen vor, als würde sich der FuÃboden ein Stück heben, wie bei einem Lautsprecher, wenn die Basstöne einsetzten. Die Werbejingles und Gongs der Spielshows waren unüberhörbar, aber die Fragen konnten Harry und Zoe nicht verstehen.
Ab und zu ging auch die Türklingel. Es war Giovanni-Dieter oder der Klempner, der diesmal das Ersatzteil dabeihatte, aber nicht die passende Zange. Dann hatte ihm Franca mehrmals eine Nachricht vor die Tür gelegt. Er und Zoe waren zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise nie da gewesen. Harry verabredete sich einmal mit ihr in der Stadt, um zu verhindern, dass sie in der Wohnung aufkreuzte, Zoe begegnete und ihm zu nah auf die Pelle rückte.
Es war kein angenehmes Treffen. Francesca bedrängte ihn regelrecht. Und Harry wusste nicht recht, wie er sich ihrer erwehren sollte. Die frappierende Ãhnlichkeit mit der früheren Zoe irritierte ihn zunehmend.
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