Utopia Magazin No. 08 by Autoren div

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Autor:Autoren, div. [Autoren, div.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


SOLDATEN

von Charles Grey

Es war ein Feldherr, der unerbittlich über Leben und Tod seiner Soldaten verfügte.

Doch die Zeit war nicht stehengeblieben, und auch die Anschauungen hatten sich geändert.

Er saß hinter einem großen polierten Holztisch, ein alter Mann, weißhaarig und mit einem sehnigen Nacken. Seine ganze Gestalt war klein und schwach und schien aus einem Film zu stammen. Seine Augen glitzerten wie kostbare Edelsteine aus unendlich tiefen Gruben, und sein Mund war ein dünner Strich unter einer klobigen, hochgekrümmten Nase. Es war ein grausamer Mund; lippenlos, blutlos, eine Falte in dem trockenen Pergament seines Kinnes, die Mundwinkel in dauernder Strenge etwas heruntergezogen.

Er trug eine phantastische schwarzrote Uniform, die Schul105

tern schwer mit Achselklappen beladen, die ebenso auffielen, wie die Reihen großer Orden, die auf seiner linken Brust strahlten. Eine steife Schirmmütze hing auf einem kleinen Ständer an der Wand, eine goldene Borde um den Schirm. Und darunter hing ein langer, schlanker und stark verzierter Degen mit schweren goldenen Trotteln am Korb. Er war allein im Raum.

Überall lagen Papiere auf dem großen Tisch herum, dicke Packen maschinengeschriebener Kopien und gedruckter Formulare. Auch Karten waren über den Tisch verstreut, mit roten, grünen, blauen und gelben Linien markiert. Aber auch an der Wand hinter ihm hing eine riesige Karte, die über und über mit schattierten Feldern, kleinen Fähnchen und Wolken von bunten Stecknadeln markiert und gezeichnet war.

Die beiden kleineren Stirnwände waren ebenfalls mit Karten und verschlungenen Zeichnungen bedeckt, aber die Wand vor ihm war gänzlich leer und lediglich von einer dünnen Schicht eines schmutzig grauen Materials bedeckt, die sein Ebenbild so widerspiegelte, als ob man es durch eine einige Zoll dicke Wasserschicht sähe.

Er starrte vor sich hin, während seine dünne, klauenartige Hand auf den Papieren vor ihm ruhte, und seine krummen Finger einen Weg auf der Karte suchten. Er nickte, als ob ihm ein plötzlicher Einfall gekommen wäre und drückte auf einen Knopf am Ende des großen Tisches.

Eine Tür öffnete sich leise hinter ihm und ein Mann betrat den Raum. Er trug, wie der alte Mann, eine schwarz-rote Uniform, jedoch längst nicht soviel goldene Zeichen und Orden. Er schritt mit einer eigentümlich anmutenden Steifheit vor den Tisch, salutierte und stand dann abwartend unter dem kalten Blick des alten Mannes.

»Ich schellte nach Hanson. Wo ist er?«

»Er inspiziert die Truppen, Sir. Sie befehlen, Sir?«

»Er inspiziert, sagen Sie? Gut«, der alte Mann nickte, »ich 106

habe mich entschlossen, Baker. Wir schlagen morgen los, in der Dämmerung.«

»So bald?« Der junge Mann schien sich zu wundern. »Sind Sie des Erfolges sicher, Sir?«

»Meine Pläne können nicht fehlschlagen.« Der alte Mann zeigte mit seinem krummen Finger auf die schattierten Felder vor sich auf der Landkarte. »Sehen Sie, Baker«, fuhr er in seiner trockenen, verrosteten Stimme fort, »unsere Flugzeuge werden ihre Bahnknotenpunkte, ihre Lagerhäuser, Krankenhäuser, Städte und Straßen zerstören. Unsere Tanks und gepanzerten Divisionen werden durch die geschlagenen Breschen in ihre Verteidigungslinien fluten, und ihnen wird unsere Infanterie folgen. In drei Wochen, Baker, habe ich unsere Feinde in die Knie gezwungen. Sie werden um Gnade bitten, die ich ihnen nicht zukommen lassen werde. Sie werden sterben, Baker!

Alle!«

»Jawohl, Sir.



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