Die Geschichte der Bienen by Lunde Maja

Die Geschichte der Bienen by Lunde Maja

Autor:Lunde, Maja
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb Verlag
veröffentlicht: 2017-02-23T13:26:19+00:00


GEORGE

Blühende Blaubeerbüsche sind etwas Feines. Den Winter über vergaß ich das, aber im Mai, wenn mich Maine mit seinen weißen und rosafarbenen Hügeln empfing, musste ich jedes Mal staunend innehalten.

Ja, es war so schön, dass man Bücher darüber schreiben sollte. Doch ohne die Bienen waren die Blüten lediglich Blüten; keine Blaubeeren, kein Lebensunterhalt. Deshalb atmete Lee wohl jedes Mal erleichtert auf, wenn wir auftauchten. Wahrscheinlich ging er umher und bewachte seine Sträucher und wünschte, sie könnten sich selbst bestäuben und er wäre nicht so verdammt abhängig von einem verschwitzten Farmer aus einem anderen Staat und seinen ebenso verschwitzten Männern.

Drei Wochen würden wir dort bleiben. Lee bezahlte 80 Dollar pro Magazinbeute. Sauer verdientes Geld, aber ich kannte viele, die mehr verlangten. Gareth zum Beispiel. Im Vergleich zu Gareth war ich billig.

Außerdem bekam Lee einen ordentlichen Gegenwert. In jeder Magazinbeute arbeiteten 50 000 Bienen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Glückliche Bienen. In jeder Beute summte es fröhlich. Er hatte nie Grund zur Klage gehabt. Seit er den Hof übernommen hatte, war ich jedes Frühjahr da gewesen, und die Bienen hatten jedes Jahr für viele Beeren gesorgt.

Lee stürmte beinahe auf mich zu, als ich aus dem Auto stieg. Seine Arme und Beine waren spitz und knochig, seine Schuhe groß, er trug eine etwas zu kurze Hose und einen schmuddeligen Baumwollhut, streckte mir seine schmale Hand entgegen und schüttelte meine und ließ mich ewig nicht mehr los, als wollte er sichergehen, dass ich nicht wieder ging, bis ich und meine Bienen ihren Job erledigt hatten.

Seine Hand war dünner, als ich es in Erinnerung hatte. Sein Haar auch.

Ich lächelte und betrachtete sein langes Pferdegesicht. »Guck an. Noch mehr Falten als letztes Mal.«

Er lächelte zurück. »Aber noch lange nicht so viele wie du.«

Eigentlich war Maine zu weit weg für uns, ich hätte einen Ort finden sollen, der näher bei uns lag. Aber über die Jahre hinweg war Lee zu einem Freund geworden, und ich unternahm die Fahrt ebenso sehr seinetwegen. Wir redeten viel, während ich hier war. Er fragte mich aus. Über die Bienen, über meinen Betrieb. Er wurde es nie leid, darüber zu hören. Ich zog Lee damit auf, dass er ein Universitätsbauer war. Mit einer langen Ausbildung und voller Eifer hatte er in den Neunzigerjahren einen heruntergewirtschafteten Hof gekauft und starke Meinungen zu allem vertreten, was in der Theorie funktionierte. Ökologisch sollte es sein.

Na ja. Seither hatte er wohl alle Fehler gemacht, die man nur machen konnte, und noch einige mehr. Denn wie sich herausstellte, war die Praxis etwas ganz anderes.

In den letzten Jahren hatte er vollkommen umgestellt. Jetzt bewirtschaftete er einen konventionellen Hof, und auch hier rollten die schweren Spritzmaschinen über den Acker. Wahrscheinlich hätte ich an seiner Stelle dasselbe getan.

Ich deutete mit dem Kopf auf Tom, der ein paar Meter hinter mir stand.

»Du erinnerst dich doch noch an Tom?«

Tom kam herbei und streckte artig die Hand aus.

»Sieh einer an, na klar«, sagte Lee. »Du musst doppelt so groß sein wie beim letzten Mal.«

Tom lachte höflich.

»Also bist du dieses Jahr auch dabei.«

»Sieht ganz so aus.



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