Unverschlüsselt: Roman (German Edition) by Mangler Albrecht

Unverschlüsselt: Roman (German Edition) by Mangler Albrecht

Autor:Mangler, Albrecht [Mangler, Albrecht]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Zukunft, Satire, 1984, SF, Huxley, Utopie, Internet, Netzwerk, Schöne neue Welt, Orwell
ISBN: 9783955206482
Herausgeber: dotbooks Verlag
veröffentlicht: 2014-11-02T23:00:00+00:00


Kapitel 16

VERREISEN

Eine konzentrierte Stille breitete sich aus. Nur das Geräusch, als Hans den letzten Zug aus seiner Zigarette nahm, ausatmete und sie dann scharrend im Aschenbecher ausdrückte, war zu hören. Paul sog scharf und laut genug die Luft ein, um die Stille noch hörbarer zu machen, und starrte in die Runde. Vigo blickte wieder konzentriert auf das Blümchenmuster seines Sessels, Thori drehte eine Locke in ihre Haare, während Hans damit beschäftigt schien, zu überprüfen, ob er seine Zigarette auch richtig ausgedrückt hatte. Ein rotes Gefühl ballte sich in Pauls Bauch zusammen. Wut und Enttäuschung. Er konnte es noch nicht recht zuordnen, aber es verlieh ihm eine wilde Entschlossenheit.

„Na, dann leg mal los“, sagte Thori dann.

War da ein spöttischer Unterton in ihrer Aufforderung? Egal, das konnte er später klären.

„Wenn wir das Zeug aus dem Keller zu Geld machen wollen, dann in aller Ruhe. Planvoll, ohne Zeitdruck, so dass wir es für richtig viel Geld an die richtigen Leute verkaufen können.“

Nicken in der Runde und zustimmendes Raunen.

Paul fuhr fort: „Nico wird es nicht stören. Aber wir wissen nicht, welche Netzwerke welche Daten an welche Dienste übermitteln. Sein Kühlschrank? Sein Puma-Netzwerk? Sein Tube-Abo? Das müssen wir kontrollieren. Sobald wir wissen, was er wie macht, lassen wir ihn digital weiterleben. Einfach so. Keiner wird etwas merken. Er kauft ein, er aktualisiert seinen Status, er fährt irgendwohin. Alles ganz normal. Keine Meldung an den Supermarkt, dass er nichts einkauft, keine Meldung an die Puma-Dienste oder Ähnliches und, viel wichtiger für uns, ein absolut normaler Datenstrom. Keine Auffälligkeiten, perfekt getarnt im Datenmeer, und damit kein Alarm. Das gibt uns Zeit, alles zu verkaufen und uns zu überlegen, wie es danach weitergeht.“

„Aber …“ Vigo wollte etwas sagen, aber Paul schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab.

„Um das zu schaffen, müssen wir uns einen Überblick über Nicos Nutzungverhalten verschaffen: Telefon, Kühlschrank, Statusaktualisierung, Abos und so weiter. So lange sollten wir ihn in den Urlaub schicken, weit, aber nicht zu weit weg – Wien, vielleicht Bratislava, ich weiß nicht. Jedenfalls: ein Ticketkauf, ein Check-in, und für ein paar Tage oder Wochen haben wir Ruhe, um alles abzuklären. Ihr seht, wir brauchen einen langen Atem, aber der Whisky und die Musik werden uns alle reich machen.“

Er blickte in die Runde. Unentschiedene, nachdenkliche Gesichter. Dann sagte Hans zögerlich: „Paul, im Prinzip gute Idee, gut durchdacht, aber das schaffen wir nie. Alle Dienste. Keine Chance. Nico ist seit einer Ewigkeit online. Wer weiß … nein …“

Thori nickte. „Genau.“ Ihre Stimme klang nüchtern, nicht mehr geschockt und hysterisch wie noch zuvor. „Das werden wir nicht schaffen. Und außerdem: Was machen wir mit Anrufern, E-Mails, Nachfragen? Wir haben Nico so gut wie berühmt gemacht, gerade jetzt, vergesst das nicht. Das alles zu kontrollieren, das schaffen wir nicht. Gute Idee, Paul, aber …“

Paul schüttelte den Kopf. „Das kriegen wir schon hin.“

„Nein, Paul.“ Thori blickte ernst. „Ich finde das, was wir hier tun, sowieso irgendwie nicht richtig. Aber so bringen wir uns nur noch mehr in Schwierigkeiten.“

Vigo räusperte sich. Die anderen drehten ihre Köpfe zu ihm.



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