Unterhaltung Geschichten by Friedrich Ani

Unterhaltung  Geschichten by Friedrich Ani

Autor:Friedrich Ani [Ani, Friedrich]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426424438
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2013-12-06T00:00:00+00:00


»Schlechte Nachrichten, Herr Hopf«, sagte Dragomir und drängte den Mann im braunkarierten Sakko zurück in den Büroraum. »Ihre Frau möchte Sie weghaben.«

»Bitte?« Hopf starrte die Waffe an, aber nicht lange.

Der Schuss war leise und dumpf und warf den stämmigen Mann einen Meter nach hinten. Sein Kopf schlug auf der Tischkante auf. Dann plumpste sein Körper auf den Teppich und blieb gekrümmt liegen.

Dragomir steckte den Revolver in das Holster unter dem Sakko und verließ das Büro. Er schloss die Tür von außen und schlenderte über die Arabellastraße, die Hände in den Hosentaschen, mit bedächtigen Schritten. Zwischen zwei geparkten Autos bückte er sich, streifte die Handschuhe ab und steckte sie in die Jackentaschen. Mit einem unauffälligen Lächeln nickte er dem dunkelhäutigen Portier vor der Drehtür zu. Ein junger Mann an der Rezeption grüßte ihn freundlich, und Dragomir nickte ein zweites Mal, diesmal ohne zu lächeln. In seinem Zimmer verstaute er die Handschuhe und den siebenschüssigen Smith & Wesson in seinem Rollkoffer, stellte sich zehn Minuten unter die kalte Dusche, zog eine frisch gewaschene graue Stoffhose an, ein schwarzes T-Shirt mit V-Ausschnitt und ein schwarzes Armani-Jackett.

Inzwischen war es neun Uhr geworden. Durch das gekippte Fenster drangen die Geräusche des gleichmäßig fließenden Ringverkehrs herein.

Wie am Mittag stand Dragomir eine Weile am Fenster. Er wunderte sich über die spärliche Beleuchtung in den Straßen. Dann wandte er sich um und sah auf die Uhr. Bis Gretchen kam, hatte er noch Zeit.

Als er an dem großen Spiegel gegenüber dem Schrank vorüberkam, lächelte er sich zu. Er sah attraktiv aus, aber nicht auffällig attraktiv, er war schlank, mittelgroß, graue Strähnen in den schwarzen, kurzen Haaren, ovales, freundliches Gesicht, ein Mann von neunundvierzig Jahren, dem man zutraute, sein Leben im Griff zu haben. Vielleicht, weil er nie über sein Erscheinungsbild nachgedacht hatte, war er unscheinbar geblieben, dachte er vage.

In der Ducktails Bar saßen zwei Männer an einem hohen Tisch und aßen Pizza, aus der eine Unmenge von Rucola zu wachsen schien.

An der Bar saß nur eine Frau. Sie trug eine braune Jacke, einen dunklen Pullover und schwarze Jeans. Er setzte sich zwei Plätze von ihr entfernt auf einen der viereckigen Hocker. Als er einen Wodka-Lemon bestellte, drehte die Frau den Kopf, und er erkannte sie wieder.

»Guten Abend«, sagte er.

»Hatten Sie einen erfolgreichen Tag?«, fragte sie.

»Sehr erfolgreich.«

Er wollte nicht reden, er nickte ihr zu und sah den Barkeeper an, der seinen Drink auf einem Tablett brachte und die Bitterlemonflasche neben das mit Eis gefüllte Wodkaglas stellte.

»Zum Wohl, der Herr.«

Widerwillig hob Dragomir das Glas in Richtung der Frau.

»Ich heiß Lilo«, sagte sie und nahm ihr Weinglas. »Zum Wohl.«

»Ludwig«, sagte er und trank. Danach redete er kein Wort mehr.

Lilo trank, ebenfalls schweigend, ein weiteres Glas Weißwein und bezahlte.

»Auf Wiedersehen«, sagte sie im Vorbeigehen, und er roch ihr Parfüm. Ein kräftiger Duft, den er unwillkürlich einsog.

Fünf vor elf verließ Dragomir die Bar und fuhr zurück in den neunzehnten Stock. Er hängte das schwarze Schild »Bitte nicht stören« an die Klinke und ließ die Tür zufallen. In seiner Abwesenheit war sein Bett aufgedeckt worden,



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