Unter Wehender Flagge by C. S. Forester

Unter Wehender Flagge by C. S. Forester

Autor:C. S. Forester [Forester, C. S.]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
ISBN: 9783548237893
Herausgeber: Ullstein Taschenbuchvlg.
veröffentlicht: 1991-01-01T23:00:00+00:00


11. Kapitel

Die breite Loire hatte ihren sommerlichen Wasserstand erreicht. Hornblower hatte die Hochwasser kommen und gehen sehen. Die am Ufer stehenden Weiden waren fast überschwemmt worden, aber jetzt hatte sich der Fluss in sein eigentliches Bett zurückgezogen und an den Ufern einen Streifen goldbraunen Gerölls freigegeben. Das zeitweilig so trübe Wasser war klar, und unter dem blauen Himmel verloren sich die Fernen in bläulichem Dunst. Sie bildeten einen schönen Farbengegensatz zu dem frühlingshaften Smaragdgrün des Tales und dem Gold der Uferränder.

Im ersten Dämmerlicht des jungen Tages hatten zwei braune Ochsen, die geduldig unter dem Joch gingen, den einem indianischen Travois ähnelnden Schlitten zum Fluss hinuntergezogen, während Hornblower und Brown ihn beiderseits begleiteten und ängstlich darauf achteten, daß das kostbare Boot nicht zu Schaden kam. Atemlos stapfte Bush hinterher. Leicht glitt dann das kleine Fahrzeug in sein Element, und unter Bushs Aufsicht verstauten die Stalljungen die mitgebrachten Lebensmittel und Vorräte. Noch lagerte dünner Morgennebel über dem Tal und dem Wasser, als warte er darauf, von der aufgehenden Sonne fortgesogen zu werden. Es war die beste Stunde für den Aufbruch. Der Nebel verbarg sie den Blicken etwaiger Neugieriger. Schon droben beim Haus hatte man sich voneinander verabschiedet. Der Graf war so gelassen wie immer, als sei es seine Gewohnheit, früh um fünf Uhr aufzustehen. Marie lächelte still. Im Stall und in den Küchenregionen hatte es Kummer gegeben. Die gesamte Weiblichkeit beklagte laut Browns Fortgehen. Hemmungslos ließen einige Mädchen und Frauen ihren Tränen freien Lauf und lachten doch zu den Scherzen des Bootsmannes, der sich sehr geläufig auf französisch auszudrücken vermochte. Hornblower fragte sich, wieviel anglofranzösische Kinder hier wohl im Lauf des Herbstes das Licht der Welt erblicken würden.

»Erinnern Sie sich des Versprechens, nach Beendigung des Krieges wieder herüberzukommen«, hatte de Gracey zu Hornblower gesagt. »Marie wird über ein Wiedersehen ebenso entzückt sein wie ich.«

Sein Lächeln deutete keinerlei Doppelsinn an, aber dennoch: wieviel wusste, wieviel erriet er?

»Ablegen«, befahl jetzt Hornblower rauh. »Brown, nehmen Sie die Riemen.«

Das Boot knirschte über den Kies und wurde gleich darauf von der Strömung ergriffen. Schon verschwamm die kleine Menschengruppe und das Ochsengespann im Nebel. Die Dollen quietschten unter der Reibung der von Brown gehandhabten Riemen. Hornblower hörte das Geräusch und fühlte die Nähe des neben ihm sitzenden Bush, aber mehrere Sekunden lang sah er überhaupt nichts. Der Nebel, der vor seinen Augen lag, war viel dichter als jener, den auch die anderen wahrnahmen.

Beide aber vergingen, als die Sonne durchbrach und warm auf Hornblowers Rücken schien. Hoch droben auf dem jenseitigen Ufer erstreckte sich der Obstgarten, den Hornblower so oft von seinem Fenster aus betrachtet hatte. Sich umdrehend, sah er das vom Sonnenlicht überflutete Chateau. Die Ecktürmchen waren, wie er wusste, vor kaum einem halben Jahrhundert von einem Comte de Gracey angefügt worden, der einen Rokokogeschmack für das Mittelalter hatte. Jetzt in der Entfernung aber sahen sie doch recht wirkungsvoll aus. In der perlweißen Beleuchtung hätte man glauben können, ein Märchenschloss vor Augen zu haben. Und auch die Monate, die er dort erlebt hatte, kamen Hornblower bereits traumhaft vor, aber er bedauerte doch, daß er nun aus diesem Traum erwachte.



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