Unter afrikanischer Sonne by Alexandra Fuller

Unter afrikanischer Sonne by Alexandra Fuller

Autor:Alexandra Fuller [Fuller, Alexandra]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783442458479
Google: AOKTAAAACAAJ
Herausgeber: Goldmann Wilhelm
veröffentlicht: 2005-11-14T23:00:00+00:00


DEVULI

Auf einer neuen Landkarte von Simbabwe mit der Überschrift »Annehmlichkeits-/Unannehmlichkeitszonen« ist die Umgebung der Devuli-Farm eng mit roten Linien schraffiert. Das bedeutet, dass das Klima dort unangenehm heiß ist, teilweise ans Bedenkliche grenzend. »Gesundheits- und leistungsbeeinträchtigend«, so die Legende.

Die älteren, in den zwanziger Jahren erstellten Landkarten drücken es weniger vornehm aus. Auf ihnen steht quer über dem gesamten Gebiet in fetten schwarzen Lettern: Ungeeignet für weiße Besiedelung.

Dad beugt sich mit mir über die Karte: »Siehst du?« Er zündet sich eine Zigarette an und tippt mit den beiden Fingern, die die Zigarette halten, auf die Ranch. Bläulicher Rauch zieht über den flachen gelben, rot schraffierten Kartenausschnitt.

Weit und breit ist keine Stadt eingezeichnet, und die einzige Straße, die in der Nähe vorbeiführt, ist auf der Karte als strip road eingetragen, eine Straße, die nur aus zwei schmalen Asphaltstreifen besteht. Darauf weise ich Dad hin.

»Prima Lage, was?« Er zieht den Rauch tief ein und sagt dann: »Und schau dir die Flüsse an.« Drei Flüsse fließen durch die Ranch.

»Das sieht ja wenigstens nach Wasser aus«, sage ich, schon etwas hoffnungsvoller.

Dad schnaubt. »Aussehen ja. Knochentrocken ist es.«

»Und da bauen wir Tabak an?«

»Zebus«, sagt Dad. »Ich soll ihre Kühe finden.« Sein Daumen ist zig Meilen breit, und mit diesem meilenbreiten Daumen fährt er langsam den unteren Rand der Karte entlang. »Das ganze Gebiet hier, siehst du? Da irgendwo sind die Kühe. Hoffen sie.«

Die Herde ist während des Krieges verwildert. Sie hat begonnen zu wandern, so wie die wilden Antilopen- und Kuduherden. Dad soll ein paar tausend wilde Zebus aufspüren, zusammentreiben, desinfizieren, impfen, ihnen die Hörner entfernen, die Bullen kastrieren, das Merzvieh aussondern und alle mit Brandzeichen versehen.

»Gibt es da noch mehr Weiße außer uns?«

»Kaum. Nur den Ranchverwalter und seine Frau.«

»Und Kinder?«

»Keine weißen.«

»Ach.«

»Du kannst mir beim Zebutreiben helfen.«

»Na gut.« Meine Begeisterung hält sich in Grenzen.

»Wildpferde gibt es auch.«

»Mm. Können wir die zureiten?«

»Vielleicht.«

»Für wie lange sind wir da?«

Dad raucht und macht die blauen Augen schmal. »Ich habe ihnen gesagt, wenn sie mir ein Jahr geben, hole ich ihnen ihre Herde zurück.«

»Und dann?«

»Darüber zerbrechen wir uns den Kopf, wenn es so weit ist.«

Die drei Flüsse, Turgwe, Save und Devure, treten ein- bis zweimal jährlich über die Ufer, jeweils in einem Abstand von einigen Wochen. Eine gewaltige braune Wasserwand braust dann durch das mit krüppeligen Mopane-Bäumen bewachsene Waldland, mit einem Donnern, als würden tausend Kaffernbüffel über hohles Erdreich galoppieren. Die treibenden Kadaver größerer Tiere verfangen sich zwischen angeschwemmten Stämmen. Kleinere Tiere, die noch am Leben sind, klammern sich mit weit aufgerissenen Augen in den trudelnden Baumkronen fest, zusammengekauert, ihre nassen Gesichter angstverkniffen. Am nächsten Morgen dann sind die Flüsse in ihr Bett zurückgekehrt. Fast still liegen sie da, geschwollen und trübe. Und bald darauf schrumpfen sie zu immer dürftigeren Rinnsalen, stinkenden, skorpionwimmelnden Pfützen, bis am Ende nichts übrig bleibt als glitzernd weißer Sand.

Die Afrikaner und die wilden Tiere, die es gelernt haben, hier im Niederveld zu überleben, graben hinunter in die trockenen Flussbetten, bis sie auf das schwarze, brackige Wasser stoßen, das dort in der Tiefe wartet. Neun Monate im



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