Das verborgene Leben des Fidel Castro by Juan Reinaldo Sanchez

Das verborgene Leben des Fidel Castro by Juan Reinaldo Sanchez

Autor:Juan Reinaldo Sanchez [SANCHEZ, JUAN REINALDO]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2015-02-17T16:00:00+00:00


FIDEL IN MOSKAU, SÁNCHEZ IN STOCKHOLM

Fidel hat an sich keinen ausgeprägten Hang zum Fluchen. In der Öffentlichkeit ist seine Wortwahl stets korrekt, einmal abgesehen von einigen Reden aus den ersten Jahren der Revolution, wo er die amerikanischen Präsidenten als hijos de perra (»Hundesöhne«) oder hijos de puta (»Hurensöhne«) bezeichnete. Im kleinen Kreis erlaubt er sich mitunter, seinem Ärger mit einem coño (»Scheiße«) hier und da Nachdruck zu verleihen, auch betont er gerne, dass die Kubaner genügend cojones (»Eier«) hätten, um dem Imperialismus entgegenzutreten, und einem Feind wirft er schon einmal ein »Que se vaya al carajo!« (»Zum Teufel mit ihm!«) an den Kopf. Über Ronald Reagan und seinen Nachfolger George H. Bush hat er mit Sicherheit mehr geschimpft als über alle anderen, und das nicht ohne Grund: Die Reagan-Regierung in den 80er-Jahren war für Fidel die größte Bedrohung seit seiner Machtergreifung. Als leidenschaftlicher Antikommunist finanzierte Reagan die Contras in Nicaragua; er schickte die Marines nach Grenada und unterstützte in Angola die Soldaten der UNITA, die dort gegen die Regierung in Luanda und deren Verbündete, die Kubaner, kämpften.7

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Die Häufung internationaler Ereignisse ist bezeichnend für die 80er-Jahre. Das reicht vom Boykott der Olympischen Spiele in Moskau (1980) über den Falklandkrieg (1982), das Ende der Diktaturen in Argentinien (1983), Brasilien (1984) und Uruguay (1985), die Katastrophe von Tschernobyl (1986) oder auch die Schlacht bei Cuito Cuanavale (1987–1988), wo Kuba die vorrückende südafrikanische Armee stoppte, bis zum Fall der Berliner Mauer (1989).

Das Ereignis, das mich allerdings am stärksten prägte, war der plötzliche Tod des »Genossen« Leonid Breschnew, der die Sowjetunion seit 1964 gelenkt hatte und am 10. November 1982 einem Herzinfarkt erlag.

Wenige Tage nachdem wir von seinem Tod erfahren, fliegen wir nach Moskau zur Beisetzung des Staatschefs unseres »Bruderlandes«. Wir verlassen die tropische Hitze Havannas für die eisige Kälte an den Ufern der Moskwa. Bevor wir mit unserer Staatsmaschine, einer Iljuschin 62 in den Farben der Fluggesellschaft Cubana de Aviación, in der Sowjetunion eintreffen, legen wir einen technisch notwendigen Zwischenstopp auf dem Flughafen im irischen Shannon ein. Kaum erreichen wir unsere Parkposition, umringen gut zwanzig mit Maschinengewehren bewaffnete Soldaten das Flugzeug und stehen Wache. Wir beobachten das Spektakel durch die Fenster, als es Fidel plötzlich einfällt, die Maschine verlassen zu wollen, um in der Transitzone einen Irish Coffee zu sich zu nehmen. Eine reine Dreistigkeit, aber für den Comandante nur eine Art zu zeigen, dass nichts ihn davon abhalten kann, sich in feindliches Gebiet zu wagen – in diesem Fall auf irischen Boden, sozusagen vor der Haustür der britischen Premierministerin Margaret Thatcher, einer unerschütterlichen Verbündeten von Ronald Reagan –, wenn ihm der Sinn danach steht.

Und so rückt der kleine Trupp auf der Suche nach einem Irish Coffee aus. Wir sind acht Leute: Fidel, die Dolmetscherin Juanita Vera, der Adjudant Pepín Naranjo, Domingo Mainet, der Chef der Eskorte, Innenminister Ramiro Valdés, der Arzt Eugenio Selman und zwei Leibwächter. Für mich ist dieser Ausflug heikel, denn wenn ich Fidel begleite, muss ich bewaffnet sein, was aber hier absolut verboten ist. Würde die Polizei entdecken, dass einer von uns eine Waffe trägt, gäbe es heftige diplomatische Unstimmigkeiten.



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