Und alles nur der Liebe wegen by Heinz G. Konsalik

Und alles nur der Liebe wegen by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-30T04:00:00+00:00


In den Nachrichtensendungen des Fernsehens, im Rundfunkprogramm und in den Zeitungen wurde einen Tag später der elfjährige Peter Etzel gesucht. Man hatte sich dazu entschlossen, nachdem keine Polizeistreife zwischen dem Schwarzwald und der dänischen Grenze einen allein herumziehenden Jungen gesehen hatte.

Ludwig, dem der Arzt strengste Bettruhe verordnet hatte, empfing den leitenden Kommissar im Schlafzimmer.

»Wir müssen jetzt ganz auf die Mitarbeit der Bevölkerung hoffen«, erklärte der Kommissar. »Wenn der Junge auf der Wanderschaft nach Dänemark ist, muß er ja irgendwo essen, trinken, etwas einkaufen. Er hat ja genug Taschengeld dabei. Es sei denn –« Er unterbrach sich und sah ernst an die Decke.

Ludwig nahm die Frage auf. »Es sei denn?«

»Wir müssen mit Schlimmem rechnen. Gerade alleingehende Kinder sind besonders gefährdet. Mein Gott, es ist aber auch leichtsinnig, wie hier gehandelt wurde!«

»Ich hätte meinen Sohn nie in ein Ferieninternat gegeben. Ich weiß ja, wie sehr er an seinem Zuhause hängt.« Ludwig schloß die Augen. Um sein Herz legte sich wieder eine glühende Klammer. Mit Beljonow betrügt sie mich, dachte er, mit diesem dicken Dummkopf, seinetwegen vergißt sie ihre Kinder. Wie ist das nur möglich? Was hat Beljonow an sich, daß er einer so attraktiven, verwöhnten Frau wie Lucia imponieren kann? Ist es, weil er immer da ist, während ich in der Welt herumfahre? Ist ›da sein‹ wirklich die Hauptsache im Leben?

Der Kommissar räusperte sich.

Ludwig schlug die Augen auf.

»Wir hätten schon früher mit der öffentlichen Suchanzeige begonnen, aber Ihre Gattin wollte kein Aufsehen. Außerdem sind wir erst drei Tage nach dem Ausrücken Ihres Sohnes aus dem Internat von Ihrer Frau benachrichtigt worden. Keiner wußte, wo man sie erreichen konnte.«

»Ich weiß.« Ludwig lächelte bitter. »Sie hatte in einem Schwarzwaldhotel ein langes Wochenende.« Sein Blick wurde trüb.

Mit Erschrecken sah der Kommissar, daß auch das Gesicht sich verfärbte, es wurde gelblichweiß.

»Besteht denn überhaupt noch Hoffnung?« fragte Ludwig mühsam.

»Wir geben die Hoffnung nie auf. Aber wie gesagt, wir müssen auf zwei Dinge hoffen: auf die Wachsamkeit der Bevölkerung oder auf den Zufall, daß einer der Streifenbeamten den Jungen irgendwo aufgabelt. Und das ist bei solchen Ausreißern meistens der Fall. Nur nicht den Kopf hängen lassen, Herr Etzel!«

Ludwig nickte, gab dem Kommissar die Hand und war dankbar, daß er dann wieder allein gelassen wurde. Sein Herz schmerzte. Es war ihm, als habe er kein Blut mehr im Gehirn. Alles war wie erstarrt in seinem Kopf.

Im Wohnzimmer traf der Kommissar auf Lucia, die nervös hin- und herlief und sich eine Zigarette nach der anderen ansteckte. Beljonow saß am Flügel, deutete Opernmelodien an und summte dazu.

Lucia blieb vor dem Kommissar stehen. »Sie werden den Jungen finden?« fragte sie in einer Mischung aus Angst und Aggression.

Der Kommissar bekam einen schmalen, harten Mund. »Ich hoffe es, vor allem, daß wir ihn lebend finden.«

Rasch wandte sie sich ab; der Polizeibeamte sollte nicht sehen, wie ihr das Blut aus den Wangen wich, wie sie aschfahl wurde.

»Auf Wiedersehen«, sagte er kurz, »ich finde allein hinaus.« Wenig später sprang sein Auto an, und er fuhr davon.

Erschöpft sank Lucia auf einen der herumstehenden Sessel. »Hör endlich mit dem Gedudel auf!« schrie sie und hielt sich die Ohren zu.



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