Uebergebt sie den Flammen by Tilman Röhrig

Uebergebt sie den Flammen by Tilman Röhrig

Autor:Tilman Röhrig [Röhrig, Tilman]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783404151226
Google: dlicHAAACAAJ
Goodreads: 2523609
Herausgeber: Bastei-Lübbe
veröffentlicht: 1987-12-31T23:00:00+00:00


*

Um ihre Füße schwappten die seichten Uferwirbel des Rheins. Nicht weit von der Anlegestelle wartete Wendel auf die Rückkehr der Fähre.

»Vielleicht dieses Mal. Vielleicht. Bitte, Reinhold.« Wendel rieb die Fingerknöchel aneinander.

Ihre Schuhe hatte sie unter einem Strauch versteckt, war barfüßig den Kiesweg hinunter und über die rundgewaschenen Kiesel einige Schritte flussabwärts gewatet, noch nah genug, um beim Anlanden der Ponte gleich zur Stelle zu sein.

Dieser Lärm hetzt! Wendel presste die Hände schützend gegen die Schläfen, Flügelfedern wischten und schlugen in ihrem Kopf, es gab nicht genug Platz, bedrohlich verengte das ungestüme Treiben oben auf der Fahrstraße den Raum. Vor einigen Stunden war ein großer Wagentreck aus Holland bei der Fährstelle angekommen. Wendel ertrug keine Fragen, wollte keine Unterhaltung mit den Kaufleuten, sie war dem Trubel entwichen.

Wie ein Feldherr vor der Schlacht, so herrisch hatte Reinhold die Handelskönige zu sich befohlen. »Kein Gedränge. Einer nach dem anderen, und wenn es bis zum Abend dauert!«

Nur einer der vierspännigen Planwagen und die Zugtiere hatten gleichzeitig auf der Fähre Platz. Vor der Abfahrt mussten die vier Ochsen ausgeschirrt werden, und Reinhold drohte den Fuhrknechten, bei der kleinsten Unruhe jeden Mann samt dem Viehzeug ins Wasser zu werfen. Die Fremden hatten schnell begriffen, hier war nur Reinhold ein König, und fügten sich.

Ohne Pause schlug die Fähre ihren Bogen von Büderich nach Wesel, wieder zurück. Harte Arbeit, und das an solch einem müden Julitag, Reinhold schrie seinen Unmut, befahl und schrie.

Wendel wollte nicht über den Fluss, heute nicht, schon lange nicht mehr. Bei jeder Wiederkehr der Fähre hoffte sie auf eine Nachricht. Vergeblich, Reinhold sah sie nicht an, und Wendel wartete weiter. Vielleicht dieses Mal.

Noch drei Planwagen standen auf dem letzten Stück der Handelsstraße. Fuhrknechte schlenderten den Kiesweg hinunter, schöpften Wasser und schleppten die schweren Eimer unter Flüchen zu den Ochsen. Oben auf der Böschung palaverten die Kaufherren.

Bis zum Abend werde ich bleiben. Reinhold hilft mir, fragt für mich. Am Tag konnte Wendel ihren Gedanken befehlen. Adolph und Johann sind außer Gefahr. Still! Die Freunde und Brüder in Köln lassen die beiden nicht ziehen. Mein Johann predigt so flammend, sie wollen ihn festhalten, ihn nicht hergeben. Bitte, widersprich nicht! Ja. wenn er vor der Gemeinde steht, wächst mein Johann über sich selbst hinaus. Er fesselt die Zuhörer. Und Adolph? Wendel seufzte. Ihm müssen sie sich zu Füßen setzen, er hat Geduld, kann erklären. Kein Schulmeister, viel mehr: ein Lehrer. Still! Meine beiden stärken den Glauben der Brüder in Köln, dann erst kehren sie zurück.

Tagsüber war es leichter, Herrin der Unruhe zu werden. Doch in der Nacht regierten die Gedanken. Wendel führte mit Adolph gemeinsam den Kampf, um Johann vor der Inquisition zu retten. Dieser Henker! Immer wieder sah sie das gleiche Bild. Johann stand mit entblößtem Rücken, und die Riemen der Peitsche zerschnitten das Fleisch. Sein stummes Schreien, das schmerzgequälte Gesicht schreckten Wendel Nacht für Nacht aus dem Traum. Oft weinten Lisabeth und Magdalene, selbst die kleine Irmel schrie, und Wendel wusste, dass sie im Schlaf laut gekämpft und gelitten hatte. Was ist schon eine Geburt, Johann, gegen solche Demütigung, solche Wunden, die du in meinen Ängsten erleiden musst?

Irmel.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.