Transition - Evolution 2.0: Roman (German Edition) by Frey Gerd

Transition - Evolution 2.0: Roman (German Edition) by Frey Gerd

Autor:Frey, Gerd [Frey, Gerd]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426425251
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2014-03-31T22:00:00+00:00


neun

Explosionen aus Licht, Gedankenfragmente. Farben wischten vorbei. Kreischen, Stoßen, Fallen. Der Druck in seinem Kopf stieg. Risse, Aufbrechen sicher geglaubter Strukturen. Sein Schädel explodierte wie ein überreifer Kürbis.

Er fiel aus der Verbindung, brutal und roh, ohne Anpassungsroutine. Eine nur im Notfall erlaubte Prozedur, nicht ganz ungefährlich. Das Licht der Deckenbeleuchtung stach grell in seine Augen und sprang als glühender Impuls seine Nervenbahnen entlang. Sein Kopf zuckte zur Seite. In seinem Hirn herrschte heilloses Durcheinander. Ein wunder, malträtierter Zellklumpen. Die Kontaktpads des Sensorhelms brannten schmerzhaft an seiner schweißnassen Stirn. Angewidert riss er das empfindliche Gerät herunter und schleuderte es zu Boden.

Pias Gesicht, besorgt, erschöpft. »Oliver. Endlich. Du hast es geschafft …«

Er versuchte sich aufzusetzen und schenkte ihr ein gequältes Lächeln. Hinter seiner Stirn rissen Presslufthämmer ganze Mauern ein. Alles an seinem Körper schmerzte, als hätte man ihn eine tausendstufige Treppe hinuntergestoßen. Er schien außerdem seine Blase entleert zu haben und stank sicher entsetzlich.

»Was ist passiert?« Die seltsam gepresst klingende Stimme schien jemand anderem zu gehören.

»Du warst in Trance«, Pia strich mit der Hand zart über sein Gesicht, »nicht mehr ansprechbar. Zwei Tage hast du hier gelegen. Es sind in dieser Zeit unglaubliche Mengen an Daten geflossen, als würde das System ein permanentes Backup durchführen. Der Datenbestand von Oz ist gewaltig angewachsen. Dann gab es einen Stromausfall, und du bist aus der Verbindung gefallen. Ich hatte vorher nicht gewagt, dir den Sensorhelm vom Kopf zu nehmen. Die abrupte Trennung hätte dich töten können.«

»In Oz gehen merkwürdige Dinge vor sich.« Oliver ließ den Kopf sinken. »Sie haben mich getäuscht, haben mir eine virtuelle Kopie der Dali als Realität vorgegaukelt. Wozu?«

»Ich habe den Eindruck, dass Oz sehr viel Wert auf deine Anwesenheit vor Ort legt«, sagte Pia. »Vielleicht fürchten die Avatare den Verlust zur Außenwelt, sollte die Dali zum Geisterschiff werden.«

»Ich hätte sterben können!«, meinte er fassungslos. »Dann hätten sie überhaupt nichts erreicht.«

* * *

Warmes Wasser lief in kleinen Rinnsalen über seinen Körper, und die Haut prickelte angenehm. Das Wasser war mit Reinigungsstoffen versetzt und duftete nach Melone. Kaum hatte es die mit einer zarten Marmorstruktur beschichtete Bodenfläche erreicht, wurde es lautstark von der winzigen Abflussöffnung abgesaugt und wieder in den Schiffskreislauf zurückgepumpt. Oliver hatte Glück, dass die Duschzellen trotz der Beschädigungen am Schiff noch tadellos funktionierten. Er genoss das Bad länger als eigentlich notwendig und aktivierte schließlich die Luftdusche. Wenige Minuten später war er trocken.

Unbeholfen trat er aus der Kabine und stieß fast mit Pia zusammen. Sie hielt den beschädigten Sensorhelm in den Händen. Er bemerkte, wie sie seinen Körper musterte und errötete. Oliver lächelte und drehte ihr den Rücken zu. Er wusste genau, wohin ihr Blick jetzt wanderte.

»Der Helm scheint hinüber zu sein«, sagte sie mit schwankender Stimme, während er in frische Sachen schlüpfte. Das Duschen war eine Wohltat. Er fühlte sich warm und leicht, als hätte er mit dem Wasser auch die furchtbaren Bilder und die schweren Gedanken fortgespült.

»Nach diesem Vorfall treibt mich ohnehin nichts mehr nach Oz.« Aber das war eine Lüge, nicht nur Pia gegenüber, auch sich selbst. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.



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