Toujours Provence by Mayle Peter

Toujours Provence by Mayle Peter

Autor:Mayle, Peter [Unbekannt]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Knaur
veröffentlicht: 1993-02-14T16:00:00+00:00


Ein Diner mit Pavarotti

Die Werbung eilte dem Ereignis monatelang voraus. Bilder eines bärtigen Gesichts, der Kopf gekrönt von einer Baskenmütze, erschienen in Zeitungen und auf Plakaten, und seit Frühjahr hatte in der Provence jeder mit einem Ohr für Musik die Nachricht gehört: Imperator Pavarotti, wie Le Provençal ihn titulierte, würde im Sommer kommen, um für uns zu singen. Mehr noch: Es würde das Konzert unseres Lebens, aufgrund des Orts, den er für seinen Auftritt gewählt hatte. Er würde nicht etwa im Opernhaus in Avignon singen oder in Gordes in der salle de fêtes, wo er vor den Elementen geschützt wäre, sondern im Freien, in der Umgebung antiker Steine, die seine italienischen Landsleute vor neunzehn Jahrhunderten gelegt hatten, als sie das Antike Theater in Orange erbauten. Wahrhaftig, un évènement éblouissant.

Das Antike Theater ist sogar leer überwältigend, eine Stätte kolossaler, nahezu unglaublicher Dimensionen. Es hat die Form eines D; die gerade Mauer, die die beiden Enden des Halbkreises verbindet, ist etwa hundert Meter lang und völlig intakt. Abgesehen von der Patina des Steins, der fast zweitausend Jahre lang Wind und Wetter ausgesetzt gewesen ist, könnte sie gestern errichtet worden sein. Hinter der Mauer wird in einem Aushub des Hügels, wie von der Natur zu diesem Zweck geschaffen, auf abgestuften Steinbänken in einem weiten Bogen etwa zehntausend Besuchern Platz geboten.

Ursprünglich saßen sie nach gesellschaftlichem Rang geordnet: Magistrate und die lokalen Senatoren vorn, hinter ihnen Priester und Mitglieder der Handelsgilden, sodann der Mann von der Straße nebst Eheweib und schließlich, ganz oben und von den Respektspersonen gebührend fern, die pullati -Bettler und Prostituierte. Solche Ordnung gab es im Jahre 1990 längst nicht mehr. Die Zuteilung der Sitzplätze erfolgte nicht so sehr nach Zugehörigkeit zu sozialen Schichten; entscheidend war die Geschwindigkeit des Kartenkaufens. Das Konzert würde lange vorher ausverkauft sein - durch einen Kartenvorverkauf; um Karten zu bekommen, mußte man rasch und entschieden handeln.

Das übernahm, als wir noch unentschlossen waren, unser Freund Christopher, der mit militärischer Präzision plant, wenn es um eine große Abendveranstaltung geht. Er hatte alles arrangiert und gab uns die Befehle: Aufbruch um 18.00 Uhr, Essen unter einem Magnolienbaum in Orange um 19.30 Uhr, auf den Plätzen um 21.00 Uhr, alle Dienstgrade ausgerüstet mit Kissen zum Schutz der Hintern auf den Steinsitzen. Für flüssige Rationen während der Pause war vorgesorgt. Rückkehr zum Standort annähernd 1.00 Uhr.

Es gibt im Leben Augenblicke, wo man mit Erleichterung und Vergnügen zur Kenntnis nimmt, daß einem genau mitgeteilt wird, was man zu tun hat. Das galt auch für diesen Anlaß. Wir fuhren um Punkt sechs Uhr los, erreichten Orange eine Stunde später und fanden die Stadt bereits in Feststimmung vor. Alle Cafes waren voll besetzt; zusätzliche Tische und Stühle standen bis an den Rand der Straße und machten das Passieren zur Testfahrt: Wer konnte den meisten Kellnern ausweichen? Zwei Stunden vor Beginn der Aufführung strömten bereits Scharen von Menschen mit Sitzkissen und

Picknickkörben zum Theater. Die Restaurants offerierten spezielle Menüs für la soirée Pavarotti. Le tout Orange rieb sich in Vorfreude die Hände. Und dann begann es zu regnen.



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