Totenhirn by Michael Marcus Thurner
Autor:Michael Marcus Thurner [Thurner, Michael Marcus ]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neuroversum, Perry Rhodan, Science Fiction
Herausgeber: Pabel-Moewig Verlag GmbH
veröffentlicht: 2013-04-12T01:00:00+00:00
*
Sie hatte recht. Ihre Geschichte besaß gewisse Ähnlichkeiten zu jener, die er über Anka Hilvard zu berichten wusste.
Erst am Vorabend hatte sie sich von Shamsur Routh verabschiedet. Der Journalist war gestorben, und er hatte keinen leichten Tod gehabt.
Konsul Chourtaird, Rouths Ziehvater, Anicee, Aiden Cranstoun und sie hatten bald darauf das Pagodenzelt am Fuß der Solaren Residenz aufgesucht.
Wie in Trance war Henrike Ybarri den anderen gefolgt. Ein Transitparkett hatte sich in dem seltsamen Bau befunden.
Glasdielen. Darunter wolkenartige Gebilde, die nach oben stoben. Die gegen das Glas prallten, zur Seite hin wehten und in die Tiefe gedrückt wurden, um bald darauf wieder hochzuwirbeln, in einem scheinbar endlosen Kreislauf.
Henrike Ybarri hatte sich gefürchtet, und sie hatte selbst nicht verstanden, warum sie Chourtaird gefolgt war. Ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Ohne Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.
Sie waren versetzt worden. Zum Gegenstück des Transitparketts, begleitet von einem kurzen Aureoleneffekt, der ihr deutlich gemacht hatte, dass sie keinesfalls träumte.
Ihr Ziel war ein Schacht gewesen, vielleicht sechzig oder siebzig Meter im Durchmesser und von einer Tiefe, die sie nicht abzuschätzen vermochte. Er war leicht erhellt gewesen. Das Licht stammte aus einer Quelle, die Ybarri nicht identifizieren konnte.
Das Totenhirn ... das war es, kein Zweifel! Chourtaird hatte sie in die Nähe dieses seltsamen Korpus aus Denkmasse versetzt!
Der Konsul hatte seinen Köcher vom Rücken gestreift und ihm einen etwa eineinhalb Meter langen sowie zehn Zentimeter dicken Pfahl entnommen. Details über die Funktionsweise dieses Geräts waren nicht bekannt. Doch es stand fest, dass es sich um ein Werkzeug handelte, mit dessen Hilfe die von den polysymbiotischen Sayporanern benötigten Fremdorgane ausgetauscht und mit dem eigenen Körper verbunden wurden.
Der Pfahl war an seinem runden Ende aufgebrochen. In den Spalten und Lücken hatte sich für Sekundenbruchteile ein violettes Leuchten gezeigt. Dann war etwas geschehen, was noch verwunderlicher als alles andere an diesem Tag gewesen war. Ein Vorgang, nicht zeitlich, nicht räumlich, den die Erste Terranerin nicht hatte erfassen können.
Es waren Sekunden vollkommener Stille gefolgt. In dieser Pause, in der es keine Atemzüge, kein Denken, kein Leben gegeben hatte, war – wie Chourtaird sagte – Shamsur Rouths bislang entstofflichtes und mit dem Pfahl verbundenes Gehirn ins Totenhirn integriert worden.
Es war ein Akt der Zauberei gewesen. Unverständlich und unbegreiflich. Es fanden sich keine Worte dafür.
»Und jetzt?«, hatte Ybarri den Sayporaner gefragt, nachdem sich die Räder des Universums wieder in Bewegung gesetzt hatten und sie feststellte, dass sie noch lebte.
»Wie ich es bereits sagte: Das Gehirn befand sich bis jetzt in Suspension. Nun kommt es darauf an, ob das Totenhirn es akzeptiert – und umgekehrt.«
Aiden Cranstoun hatte die Augen geschlossen und nach einer Weile wieder geöffnet. Er hatte energisch den Kopf geschüttelt, die Haare des Blondschopfs waren wild hin und her geflogen. »Kein Kontakt möglich. Ich fühle nichts.«
Aus Chourtairds linkem Auge war eine Träne getreten, zäh und dickflüssig. Sie war nicht abgetropft, sondern minutenlang auf dem Tränensack hängen geblieben. Milchig weiß war sie gewesen, und Ybarri wusste, dass sie nichts mit Trauer zu tun gehabt hatte.
»Wir müssen es später nochmals versuchen«, hatte der Sayporaner gesagt, »es ist wichtig.« Er hatte sich umgedreht und sie zurück zum Transitparkett geführt.
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