Titan 15 by Jeschke Wolfgang
Autor:Jeschke, Wolfgang [Jeschke, Wolfgang]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne SF
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Franziska Zinn
Die unsterblichen Gesetze
(THE COLD EQUATIONS)
TOM GODWIN
Er war nicht allein.
Nichts deutete auf diese Tatsache hin, außer dem weißen Zeiger des winzigen Kontrollgeräts auf der Tafel vor ihm. Bis auf seine Person war der Kontrollraum leer; abgesehen von dem Summen der Triebwerke war nichts zu hören – dennoch, der weiße Zeiger hatte sich bewegt. Als das kleine Schiff von der Stardust gestartet war, hatte er auf Null gestanden; jetzt, eine Stunde später, war er weitergewandert. Das bedeutete: in dem Vorratsschrank auf der anderen Seite des Raums war etwas, irgendein Körper, der Wärme abgab.
Nur eine Art Körper konnte das sein – ein lebendiger, ein menschlicher Körper.
Er lehnte sich im Kommandosessel zurück, sog tief und ausgiebig die Luft ein und überdachte, was er nun tun mußte. Er war NHS-Pilot, seit langem schon vertraut mit dem Anblick des Todes und gewöhnt, dem Sterben anderer mit objektiver Gefühllosigkeit zuzusehen, und er hatte keine Wahl in dem, was er zu tun hatte. Es gab keine andere Möglichkeit – doch selbst für einen NHS-Piloten bedurfte es einiger Augenblicke innerer Vorbereitung, um zum Schrank zu gehen und kalt und vorsätzlich das Leben eines Menschen auszulöschen, den er nie zuvor gesehen hatte.
Natürlich, tun würde er es. So lautete das Gesetz, schonungslos und unwiderruflich festgehalten in jenem erbarmungslosen § L, Abschnitt 8, der Interstellaren Satzungen: Blinde Passagiere sind nach Entdeckung unverzüglich von Bord zu entfernen.
So lautete das Gesetz, und eine Berufung war ausgeschlossen.
Es war nicht ein Gesetz menschlicher Willkür, sondern das Gebot der unausweichlichen Gegebenheiten des Grenzraums. Der Entwick
lung des Hyperraumflugs war die galaktische Expansion gefolgt, und mit der Ausbreitung des Menschen über die Weiten des Raums war das Kontaktproblem mit den weit verstreuten Erst-Kolonien und Forschungsgruppen entstanden. Die riesenhaften Hyperraumkreuzer waren die Frucht der vereinten geistigen und materiellen Kräfte der Erde, und ihre Herstellung war langwierig und teuer. Sie waren nicht in ausreichender Menge erhältlich, um jede kleine Kolonie mit eigenen Kreuzern auszustatten. Die Kreuzer brachten die Kolonisten zu ihren neuen Welten und statteten ihnen in regelmäßigen Zeitabständen Besuche ab, wobei sie einen strengen Fahrplan einhielten; doch konnten sie nicht ihren Flug unterbrechen oder Umwege machen, um Kolonien anzufliegen, deren Besuch zu einem anderen Zeitpunkt eingeplant war; derartige Verzögerungen würden den Zeitplan durcheinanderbringen und ein Gefühl der Unsicherheit nach sich ziehen, das die komplexe gegenseitige Abhängigkeit zwischen der alten Erde und den neuen Welten des Grenzraums zerstören müßte.
Deswegen hatte man ein Verfahren entwickeln müssen, mit Hilfe dessen man auch jenen Welten Hilfe schicken konnte, die nicht auf dem Fahrplan standen. Die NotHilfeSchiffe waren die Antwort gewesen. Da die NHS klein und faltbar waren, beanspruchten sie nur wenig Platz im Frachtraum des Kreuzers; sie bestanden aus Leichtmetall und Plastik und hatten einen kleinen Raketenantrieb, der relativ wenig Treibstoff verbrauchte. Jeder Kreuzer war mit vier NHS ausgestattet und im Falle eines Hilferufs tauchte der nächste Kreuzer gerade lang genug in den Normalraum zurück, um ein NHS mit der notwendigen Ausrüstung und Besatzung auszuschleusen und dann in Richtung Fahrtziel wieder zu verschwinden.
Die von Nuklearkonvertern angetriebenen Hyperraumkreuzer brauchten
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