Themis Files 3: Giants - Die letzte Schlacht by Sylvain Neuvel

Themis Files 3: Giants - Die letzte Schlacht by Sylvain Neuvel

Autor:Sylvain Neuvel [Neuvel, Sylvain]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Science Fiction
ISBN: 9783641231569
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2018-11-11T23:00:00+00:00


FILE 2138

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TAGEBUCHEINTRAG VON EVA REYES

ORT: ARBEITSLAGER KAARINA BEI TURKU, FINNLAND

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Es gibt einen Weg nach draußen. Alle wissen es. Es gibt einen tataarit Jungen – sie nennen ihn Baba. Ich habe keine Ahnung, wie er wirklich heißt. Er geht jede Nacht raus, um Vorräte zu holen. Zigaretten, vor allem. Hundert Prozent Aufschlag, aber Baba kann alles besorgen. Er bringt sogar eine Quittung mit, damit man weiß, dass man nur um hundert Prozent abgezockt wurde. Der Junge – er kann nicht älter als zwölf sein – verdient über zweitausend Dollar pro Woche, sagt er jedenfalls. Ich habe das Gefühl, dass Babas Vater das Geld einkassiert, aber Baba gibt gern an. Er lebt gut, das steht fest. Neue Klamotten. Neues Handy. Er ist verdammt eingebildet. Ich mag ihn sehr.

Ich habe ihn gefragt, ob er mich mit nach draußen nehmen kann. Er hat natürlich nein gesagt. Ich glaube nicht mehr an einfache Lösungen. Ich habe ihm gedroht, ich würde ihn an die Wachen verraten. Er hat gelacht. Die Wachen kriegen 20 Prozent und der Koch auch. Es hat sich rausgestellt, dass mein Weg aus dem Lager durch die Küche führt, und der Koch ist der Mann mit dem Schlüssel. Ich habe dem Jungen angeboten zu bezahlen, aber er wollte das Geld sehen. Ich mag ihn wirklich. Ich mag ihn so sehr, dass ich ihm erzählt habe, wer ich bin. Da hat er gelächelt. Er wollte mein letztes Hemd haben. Buchstäblich. Er glaubt, es wird im Internet ein Vermögen bringen. »Echte Bluse von Eva Reyes, getragen auf einem fremden Planeten.« Wir haben sogar ein Foto gemacht, das er als Echtheitszertifikat benutzen kann. Ich weiß nicht warum, aber irgendwas ist mit meinen Kleidern. Jedenfalls habe ich die Bluse gehasst. Die Russen haben sie mir gegeben. Vielleicht habe ich vergessen, das Baba gegenüber zu erwähnen. Leider war dieses unbezahlbare Schmuckstück meine einzige Bluse, und falls ich hier rauskomme, trage ich dabei ein T-Shirt einer Metal-Band namens Nightwish, eine Gefälligkeit von Baba höchstpersönlich. Wenigstens ist es schwarz. Er hat mir auch genug Geld für den Bus nach Turku und die Fähre nach Mariehamn gegeben, allerdings soll ich es ihm zurückzahlen. Ich bin nicht sicher, wie. Ich habe nicht gefragt.

Ich wusste nicht, ob man mich reinlegen wollte. Es kam mir so bescheuert vor. Wie kann es einen Weg hier raus geben, den niemand benutzt, außer jemandem, der immer wieder zurückkommt? Aber es ist wahr. Ich habe es gesehen. Ich habe einen Beweis verlangt, bevor ich meine Bluse auszog. Es ist kein Geheimtunnel, kein Loch weit oben im Zaun. Es ist eine Tür! Eine yokits Tür! Sie benutzen sie, um Essen reinzubringen, und sie führt direkt nach draußen. Jeder Einzelne hier könnte morgen früh draußen sein, vorausgesetzt er hat Geld oder das richtige Hemd. Jeder, der einen Koch niederschlagen kann, kann raus! Aber niemand tut es. Sie bleiben alle hier. Eigentlich bräuchte man weder einen Zaun noch Wachen. Man kann den Leuten einfach sagen, sie sollen bleiben, und sie bleiben. Bleib! So ist es brav!

Ich erinnere mich an dieses Gespräch mit meinem Vater.



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