Teufeleien und andere Erzählungen by Ricarda Huch

Teufeleien und andere Erzählungen by Ricarda Huch

Autor:Ricarda Huch [Huch, Ricarda]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählungen
Herausgeber: H. Haessel
veröffentlicht: 1923-12-31T23:00:00+00:00


*

II

Nunmehr, da man mich, einen tugendübenden Stadtmaler Liborius, bezweckter Freveltat anschuldigt, als hätte ich vermittels Brandstiftung eine Anzahl Seelen unvorbereitet ins jenseitige Gericht wandern lassen, zaudere ich nicht länger mit Bekanntmachung eines heimlichen Greuels, wovon auf diesen Vorgang wie auf manches andre ein helles Licht fallen wird. Freilich ein höllisches Licht! Aber ich unternehme es zur Beförderung der Wahrheit und Rettung der Unschuld.

Indem ich diese Stadt seit vielen Jahren mit allen Bildern, deren sie benötigte, zu wohlgefallender Zufriedenheit versorgte, befremdete es jedermann nicht wenig, daß sich plötzlich ein Mann hier niederließ namens Peter, welcher ein Maler sein wollte. Denn wie sollte es ihm glücken, dafern er sich unschuldiger und natürlicher Mittel bediente, seine Sächlein an hiesige Bürgerschaft abzusetzen, der es an keiner Art der Kunstmalung mangelte? Freilich aus der unvernünftigen Kreatur und Tierwelt ein Konterfei zu machen, war mir niemals beigefallen, noch auch wohl jemals sonst einem ordentlichen Maler in der Christenheit. Da gab es denn ein Drängen und Gaffen müßiger, wilder Jugend und unberatenen Pöbels an des Peters Gartenzaune; er hatte nämlich seine Pinseleien mitten auf seiner grünen Wiese preislich aufgestellt. Herr des Himmels, wer hätte sich solches in seiner Phantasie eingebildet! Da war auf einer gewaltigen Tafel nichts zu sehen als ein dünnes Wölklein, ein grüner Zweig und ein Schwarm Maikäfer, auf einer andern eine Pfütze voll Frösche und Kaulquappen, im weiteren Molche und Fledermäuse, kurz zumeist das Gezücht, das nicht unser Herrgott, sondern man weiß wohl wer erschaffen hat. Ob man dies nun von der einen Seite mehr als eine Sünde, von andrer mehr als eine Tollheit ansehen mochte, ich sah gleich ein, daß es beides war, und als ein Kenner des Malwesens konnte ich hinzusetzen, daß die Bestien ungründlich und unsäuberlich gemalt waren, vorzüglich aber ohne das Identische, was sich freilich bei diesem Gegenstande von selbst versteht. Obwohl das auch dem Unkundigen hätte in die Augen fallen sollen, ereignete es sich doch, daß die Stadt bald an nichts andres dachte als an diese Kleckserei; sogar diejenigen, welche das Lästerliche solcher Kunstübung erkannten, wußten sich immer wieder an dem wüsten Garten vorbeizustehlen, um des raren Anblicks aufs neue teilhaft zu werden. Es war nicht anders, als wenn eine Verblendung auf die Leute gefallen wäre, und ich will nun auch nicht länger verhalten, aus welchem Pfuhle das ganze Unwesen stammte.

Der Maipeter, wie die Gassenbuben ihn wegen seines Käferbildes nannten, war von Haus aus ein vagabundischer, lockerer Junge, der nichts wußte und nichts konnte und schließlich, da er mit allen seinen tollen Streichen kein Fortkommen fand, ein Bündnis mit dem Teufel abschloß, so daß dieser ihm schwur, er werde ihn zu einem berühmten Malermeister machen, wogegen der Peter sich vermaß, nach Ablauf seines Lebens unverweilt in die Hölle hinein zu jubilieren. Dieses war ganz insgeheim geschehen, und wie sich denn die Bösewichte gemeinhin trefflich verstellen können, hatte der Maipeter in seiner Schalkheit auch ein ganz unverderbliches Gesicht und Wesen, bis aus ein gewisses goldgelbes Glitzern in seinen Augen, das mich von Anfang an bedenklich und unnatürlich dünkte, ebenso das



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