Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition) by Aleksei Bobl & Andrei Levitski

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition) by Aleksei Bobl & Andrei Levitski

Autor:Aleksei Bobl & Andrei Levitski [Bobl, Aleksei]
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2012-06-07T22:00:00+00:00


15.

Durch Risse in der Decke fielen kalte Sonnenstrahlen. Ich erinnerte mich, früher einmal an der Perwomajskaja gewesen zu sein. Ich erinnerte mich an das Foyer mit seinen Drehkreuzen, den Kassen, wo man Fahrkarten kaufen konnte, und mit dem Häuschen der Stationswache. Das alles war jetzt kaum wiederzuerkennen. In der baufälligen Halle zog es heftig, die Glastüren waren zertrümmert, und an den Wänden lagen abgeschlagene Kacheln, Laub und jede Menge Müll.

Innen herrschte Stille, nur von draußen hörten wir das gedämpfte Geräusch von raschelnden Blättern.

»Er stirbt!« Juna Galo hockte auf den Knien neben Luka Stiditsch. Ich hatte den Priester auf dem Boden abgelegt. »Er stirbt, und wir können nicht das Geringste tun!«

Das Mädchen beugte sich über Luka und legte ihm vorsichtig die Hand auf die Stirn. Seine Wunden bluteten nicht mehr, und die getrockneten, blutverkrusteten Verbände im Gesicht hatten sich in eine dunkle Maske verwandelt, bei der nur die Augen ausgespart waren. Der ganze Körper zitterte, die Haut am unteren Rand des Verbands hatte sich blau verfärbt. Der Mutant hatte Luka mit den Kratzern von seinen dreckigen Nägeln eine Infektion verpasst, die den Priester umbrachte. Er hätte eine Tetanusspritze benötigt, dazu eine ordentliche Dosis Antibiotikum und eine Bluttransfusion … Aber das gab es hier nicht.

Was passiert mit einem halb autonomen Computerprogramm, wenn einer seiner Avatare in der virtuellen Welt stirbt? Verschwindet es? Schaltet es sich ab? Fällt es in eine Art Winterschlaf, bis man es neu startet? Ich habe null Ahnung vom Programmieren und Spielen von Computergames. Wahrscheinlich würde jeder Fachmann meine Überlegungen absolut lächerlich finden.

Aber dies hier um mich herum war kein Spiel. Nichts Virtuelles. Dies war die Wirklichkeit, genauso echt und konkret wie die, die ich vor dem Experiment erlebt hatte. Die Menschen hier empfanden den gleichen heftigen Schmerz. Und auch sie mussten sterben.

Potschtar, Tschak und ich standen um Luka und Juna und schwiegen. Die Hand des Priesters hob sich, er fasste das Mädchen um den Hals und zog es zu sich. Sein Kopf zuckte, während er heiser flüsterte:

»Ich soll … ich muss dir etwas sagen.«

»Was?«, fragte Juna. »Was musst du mir erzählen?«

»Der Mensch. Der Mensch im Zahnrad.«

Ich starrte den Priester an und traute meinen Ohren nicht. Was redete er da?!

»Deine Zeichnung … Weißt du, woher sie stammt? Die Kapsel. Wir fanden dich, als du … schon bei Timerlan warst … Später sind wir zu ihm …« Er presste die Worte mühsam heraus, schnappte immer wieder verzweifelt nach Atem. »Wir beschlossen, dich bei ihm zu lassen. Der Alte wollte es so. ›Wir sagen es ihr später‹, waren seine Worte. Die Kapsel … versuch nicht, sie rauszumachen, sonst stirbst du.« Luka wollte sich aufrichten, hob den Oberkörper und stützte sich auf seine Ellenbogen auf, fiel aber gleich wieder auf den Boden zurück. »Keiner weiß davon, nur die Jagger. Das Zeichen!« Plötzlich wandte er den Kopf zu mir und starrte mich an. »An dich erinnere ich mich auch, aber … es muss viele Jahre her sein. Ich weiß nicht mehr, wo und wann ich dich gesehen habe. Warum hast du kein Zeichen?«

Ich ließ mich auf die Fersen nieder, und Juna fragte verwirrt:

»Ich verstehe das alles nicht.



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