Tauziehen am Myrtenkranz: Roman. Erstes Buch von: Heute ist alles anders als gestern - besser? (German Edition) by Wilma Burk

Tauziehen am Myrtenkranz: Roman. Erstes Buch von: Heute ist alles anders als gestern - besser? (German Edition) by Wilma Burk

Autor:Wilma Burk [Burk, Wilma]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
veröffentlicht: 2014-07-09T22:00:00+00:00


15. Kapitel

Der Sommer hatte seinen Höhepunkt erreicht, der August begann und die ersten Vögel sammelten sich zum Abflug. Alles wurde spürbar besser in diesem Jahr 1951. Wer genug Geld hatte, musste längst nicht mehr hungern. Fast vergessen war die Zeit der Lebensmittelkarten. Man nannte es die Fresswelle, dass die Menschen jetzt ausgiebig kauften, worauf sie Appetit hatten. Danach wurde leichter Geld für Kleidung ausgegeben und zunehmend auch für Möbel und Einrichtungsgegenstände. Hier und da wurden Ruinen niedergerissen und Neubauten hochgezogen. Hauptsächlich in den freien Feldern am Stadtrand entstanden neue Wohnblöcke, wo man nicht erst Ruinen beseitigen musste und das Land billiger zu erstehen war. Allmählich begann auch dieser oder jener in den Ferien zu verreisen. Reisebüros machten auf und lockten die Menschen mit bunt bebilderten Prospekten an, die herrliche Urlaubsfreuden versprachen. Helmut erzählte, auch bei ihm an der Ecke der Straße hätte so ein Reisebüro aufgemacht. Seit die Arbeitslosigkeit abnahm, konnte sich so mancher eben wieder etwas leisten.

Einmal wegfahren können, raus aus der Stadt, wäre das schön, dachte ich.

Von Onkel Anton kam erneut eine verführerische Ansichtskarte von den Bergen im Allgäu. „Schade, dass ihr in diesem Jahr nicht mehr kommen könnt“, schrieb er. Nachdenklich sah sich Konrad die Karte an. Was dachte er? Er sprach ja nie gleich über das, was ihm durch den Sinn ging. Sollte er wirklich mit dem Gedanken spielen, einmal einen Urlaub bei Onkel Anton im Allgäu zu verbringen?

Doch sofort bezweifelte ich das wieder. Der sparsame Konrad würde dafür bestimmt kein Geld ausgeben, legte er doch jeden Pfennig, den wir erübrigen konnten, für eine eigene Wohnung zurück. Es war sicher nur eine Laune von ihm gewesen, als er bei dem ersten Kartengruß von Onkel Anton meinte, dass wir einen Urlaub dort verbringen könnten.

Unser kleiner Garten war immer mehr zur Stätte der Begegnung geworden. Es gab kaum noch einen Sonntag, den Konrad und ich dort allein verbrachten. Und das war auch gut so. Denn ich begrüßte es, wenn die andern zu uns kamen, weil in dem ungezwungenen Umgang mit ihnen, die schwelende Spannung zwischen Konrad und mir verborgen blieb.

Irgendwann fiel mir auf, wie auffällig oft der junge Mann von gegenüber sich an seinem Gartenzaun oder der Hecke dahinter zu schaffen machte. Und er versäumte es nicht, dabei zu uns, zu Traudel, herüberzusehen. Sollte er wirklich auf unser Küken ein Auge geworfen haben? Bemerkte es Traudel überhaupt?

Ich blickte zu ihr. Sie saß abseits von uns in einen ihrer Liebesromane vertieft. Irrte ich mich, oder wanderte ihr Blick über den Rand des Heftes nicht immer wieder verstohlen zu eben jenem jungen Mann hin? Jetzt stand sie auf, ging scheinbar gelangweilt zum Gartentor und am Zaun entlang. Wie lief sie denn? Was wackelte sie mit ihren noch eckigen Hüften so? Sollte sie Interesse haben? Dazu war sie doch noch zu jung. Ich beobachtete jede Geste, jeden Blick von ihr genau. Jetzt blieb sie am Gartentor stehen. Der junge Mann ihr gegenüber an seinem Zaun sah sie erwartungsvoll an. Dabei lächelte er etwas hilflos und verliebt. Was würde Traudel jetzt tun?



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