Stalker by Arkadi Strugatzki

Stalker by Arkadi Strugatzki

Autor:Arkadi Strugatzki
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2021-04-15T00:00:00+00:00


4

Redrick Shewhart, 31 Jahre

Über Nacht hatte sich das Tal abgekühlt, und im Morgengrauen war es sogar richtig kalt geworden. Sie gingen den Bahndamm entlang, auf morschen Schwellen zwischen verrosteten Gleisen, und Redrick betrachtete die glänzenden Tröpfchen verdichteten Nebels auf Arthur Burbridges Lederjacke. Der Junge marschierte leicht und fröhlich dahin, als hätten sie nicht gerade eine kräftezehrende, nervenaufreibende Nacht hinter sich, von der ihnen noch immer jede einzelne Sehne bebte, zwei schaurige Stunden auf dem nassen Scheitelpunkt des kahlen Hügels, in quälendem Halbschlaf, Rücken an Rücken, um sich gegenseitig zu wärmen, während sie darauf warteten, dass der »Grünstrom«, der den Hügel eingeschlossen hatte, in der Schlucht verschwand.

Auf beiden Seiten des Damms lag dichter Nebel. Von Zeit zu Zeit krochen seine schweren, grauen Streifen über die Gleise, und an diesen Stellen wateten sie knietief in der träge wallenden Brühe. Es roch nach feuchtem Rost, aus dem Sumpf rechts des Damms drang Verwesungsgestank herüber. Ringsum war nichts zu sehen außer Nebel, aber Redrick wusste, dass sich in beide Richtungen eine hügelige Ebene mit Steinfeldern erstreckte und dass dahinter in dunstige Schleier verhüllte Berge aufragten. Außerdem wusste er: Sobald die Sonne aufgegangen war und sich der Nebel in Tau verwandelt hatte, würde er irgendwo auf der linken Seite das Skelett eines abgestürzten Hubschraubers und weiter vorn einige aneinandergekoppelte Loren erblicken. Und dann würde es erst richtig losgehen.

Im Gehen schob Redrick eine Hand unter den Rucksack und drückte diesen etwas hoch, damit sich die Kante der Heliumflasche nicht mehr in sein Kreuz bohrte. Ganz schön schwer, das Miststück, wie soll ich bloß damit kriechen? Anderthalb Kilometer auf allen vieren … Hör auf zu meckern, Stalker, du wusstest, worauf du dich einlässt. Fünfhunderttausend Geld warten auf dich am Ende des Wegs, dafür lohnt es sich zu schwitzen. Fünfhunderttausend, ein richtiges Sahnestückchen, was? Niemals kriegen die’s von mir für weniger als fünfhunderttausend. Und niemals kriegt Aasgeier von mir mehr als dreißig. Und der Grünschnabel … der Grünschnabel kriegt gar nichts. Wenn der alte Drecksack auch nur die halbe Wahrheit gesagt hat, kriegt der Grünschnabel nichts.

Er richtete den Blick wieder auf Arthurs Rücken und beobachtete eine Weile mit halb geschlossenen Augen, wie dieser leichtfüßig gleich zwei Schwellen auf einmal nahm. Breite Schultern, schmale Hüften, dieselben langen, rabenschwarzen Haare wie seine Schwester, im Takt seiner Schritte wogten sie hin und her. Hast dich mir aufgedrängt, dachte Redrick missmutig. Ganz von selbst. Warum nur hatte Arthur plötzlich so verzweifelt darum gebeten? Sogar Tränen hatte er in den Augen gehabt: »Nehmen Sie mich mit, Mister Shewhart! Verschiedene Leute haben es mir schon angeboten, aber ich geh nur mit Ihnen, die anderen taugen ja nichts! Und mein Vater … der kann doch jetzt nicht mehr!«

Redrick riss sich von dieser Szene los. Schon die Erinnerung daran war ihm zuwider, und vielleicht dachte er gerade deshalb an Arthurs Schwester, daran, wie er mit Dina geschlafen hatte, mal nüchtern, mal betrunken, und was für eine Enttäuschung es jedes Mal gewesen war. Nicht zu fassen: So ein Luxusweib, ewig hätte er sie lieben können, doch



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